So ein Glück aber auch! Und zwar das der späten Geburt. Der Glückspilz heißt Peter Mitterer, wir gratulieren im Namen von Siegfried Kampl und John Gudenus. Mitterer hielt am Donnerstag anstelle des per Gesetz verhinderten Kampl seine Antrittsrede als Bundesratspräsident. Und dabei fiel weniger das auf, was er sagte, als das, was er - eben unter Verweis auf sein Geburtsjahr 1946 - ausgelassen hat. Denn nach Mitterer- Logik befreit ihn die Tatsache, im Nachkriegsösterreich aufgewachsen zu sein, vor einer öffentlichen Stellungnahme zu den "inakzeptablen Aussagen" ( Mitterers Vorgänger, Ex-Bundesratspräsident Georg Pehm) seiner orange-blauen Kollegen. Diese Argumentationslinie hat im BZÖ System. Wer auch immer zur Causa "Sigi" befragt wird, sucht einen Schlupfwinkel, um dessen Aussagen zur NS-Zeit nicht verurteilen zu müssen. Manche formulieren es relativ unverblümt, wie Kampls früherer Ersatzmann Gerwald Kitz: "Ich habe damals nicht gelebt, ich bin nicht so alt wie ein Herr Kampl, dass ich das bestätigen könnte oder widersprechen kann. Ich weiß nicht, was damals richtig oder falsch war." Doch Herr Kitz grundelt längst wieder im Kärntner Diex herum, während Mitterer es an die Bundesratsspitze geschafft hat. Kann man es sich in dieser Position wirklich erlauben, "wertfrei" in die Vergangenheit zu blicken? Und wie ist das überhaupt möglich? Irgendeine Meinung wird er ja wohl haben zu den Geschehnissen vor und nach 1945. Mitterer wirkt, bei wohlgesinnter Interpretation, wie einer, der nicht weiß, wie er die Kurve zwischen Parteifreundschaft und Außendruck kratzen soll. Unter dem Motto "Ätsch, noch nicht geboren" versucht er, die ihm sichtlich unangenehme Thematik abzublocken. Er darf sich dann nur nicht wundern, wenn ihm das als Sympathisieren mit dem Kampl’schen Weltbild ausgelegt wird. Da wählt BZÖ-Chef Jörg Haider lieber den offensiven Weg: Alle von Kärnten entsandten Bundesräte seien "ehrenwerte Persönlichkeiten" auf dem Boden der Demokratie. Applaus von der freiheitlichen Fraktion. Ob Mitterer wohl mitgeklatscht hätte, wäre er nicht auf dem Podium gesessen? (DER STANDARD, Printausgabe, 22.07.2005)