Um Missverständnissen vorzubeugen: Realistischerweise wird sich kein Steuerzahler mit eigenem Nachwuchs gegen Vergünstigungen im Bereich der Kinderbetreuung aussprechen. Wie eine populär klingende Entlastungsankündigung letztlich aber ausgestaltet wird, darf als Frage nicht unter den (Wickel-)Tisch fallen. Anstatt das Problem mangelnder Kinderbetreuungseinrichtungen anzugehen und für Krippen- und Kindergartenplätze auch am Nachmittag zu sorgen, schlägt Wirtschaftsminister Martin Bartenstein einen Steuerfreibetrag vor. Das ist nicht nur reine Klientelpolitik, weil Besserverdienende klar bevorzugt würden. Mit dieser Maßnahme wird auch kein einziger Kindergartenplatz geschaffen. Im Gegenteil, es steht zu befürchten, dass die bereits vorhandenen Plätze noch verteuert werden. Überhaupt ist der gesamte Familienlastenausgleich zu geldlastig gestaltet, kaum jemand schert sich um die Infrastruktur. Und diese beginnt nicht erst bei den Kindergartenplätzen, sondern lange vorher bei den arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für Mütter, die - in selbstausbeuterischer Manier - Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen. Die isolierte Frage der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten ist leicht zu beantworten: Wenn das Pferd schon von hinten aufgezäumt wird, dann bitte wenigstens verteilungspolitisch gerecht. Gerade sozial Schwachen, die zu Recht keine Steuer zahlen, ist lediglich mit einem Absetzbetrag geholfen, der auch als Negativsteuer ausbezahlt wird. Doch davon will die Regierung der Fleißigen und Tüchtigen nichts wissen, das hat schon die Steuerreform gezeigt. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2005)