Berlin - Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler hat mit der Anordnung zur Bundestagswahl das Verfahren für Neuwahlen am 18. September in Gang gesetzt. Jetzt muss der Bundeswahlleiter den Urnengang vorbereiten, den allerdings das Bundesverfassungsgericht noch stoppen könnte. Um den kurzfristigen Termin halten zu können, müssen nämlich die im Bundeswahlgesetz festgelegten Fristen für die Einreichung von Wahlvorschlägen verkürzt werden. Entscheiden muss darüber das Bundesinnenministerium in einer Rechtsverordnung.

Am 9. August wird das Bundesverfassungsgericht über die Klage der SPD-Abgeordneten Jelena Hoffmann und andere Klagen gegen die Auflösung des Bundestages und die Ansetzung von Neuwahlen verhandeln. Dies habe das Gericht am Freitag mitgeteilt, erklärte Hoffmanns Anwalt Hans-Peter Schneider.

Friständerungen

Geplant ist, dass die Parteien nicht wie üblich bis zum 90. Tag vor dem Wahltermin ihre Beteiligung beim Bundeswahlleiter anzeigen müssen, sondern bis zum 47. Tag. Die Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge wird vom 66. Tag auf den 34. Tag vor dem Urnengang verlegt. Die Frist für die Zulassungsentscheidung der Wahlvorschläge verkürzt sich vom 58. auf den 30. Tag vor der Wahl.

Nur Bundesverfassungsgericht kann Neuwahlen stoppen

Gestoppt werden kann eine Neuwahl nach einer Zustimmung Köhlers noch durch das Bundesverfassungsgericht. Klagen einreichen dürfen die anderen Bundesorgane, Bundestagsabgeordnete sowie Parteien, die sich in ihren verfassungsmäßigen Rechten beeinträchtigt sehen.

Wie lange die Verfassungsrichter für eine Entscheidung brauchen würden, ist unsicher. Als Helmut Kohl (CDU) 1983 die Vertrauensfrage stellte, urteilten die Verfassungsrichter 28 Tage nach Eingang der Klage. Schneller geht es bei Eilentscheidungen, die zunächst nicht begründet werden müssen. Innerhalb von zehn Tagen beschlossen die Richter zum Beispiel Mitte Juni die Fortführung des Visa-Untersuchungsausschusses. Beobachter rechnen damit, dass das Gericht seine Entscheidung bereits Ende August verkünden wird.

60-Tage-Frist

Die laufende 60-Tage-Frist bis zu den Neuwahlen wird von einer Klage beim Bundesverfassungsgericht nur dann nicht berührt, wenn die Richter die Klage umgehend zurückweisen und Neuwahlen zulassen. Sollten sie jedoch in einer Einstweiligen Anordnung zu der Ansicht kommen, dass sie wegen der Komplexität der Materie mehr Zeit für ihre Entscheidung brauchen, dann könnte der Termin durchaus noch verschoben werden.

Bleibt es bei dem Neuwahltermin, endet die Legislaturperiode des jetzigen Bundestages mit der konstituierenden Sitzung des neugewählten Parlaments. Sie muss spätestens 30 Tage nach dem Wahltag stattfinden. Mit dem Zusammentritt des neuen Parlaments endet zwar auch die Amtszeit von Bundeskanzler und Regierung. Das Kabinett führt aber bis zur Wahl eines neuen Regierungschefs die Amtsgeschäfte weiter. (APA/Reuters)