Teheran - In der heftigen Kontroverse zwischen Teheran und Berlin wegen kritischer Äußerungen des deutschen Innenministers Otto Schily hat der Iran die deutsche Bundesregierung zu einem "zivilisierteren Verhalten" aufgefordert. "Sie (die Vertreter des Innenministeriums in Berlin) sollten sich bei der Wahl ihrer Sätze zivilisierter verhalten", zitierte die Teheraner staatliche Nachrichtenagentur IRNA am Samstag den iranischen Außenamtssprecher Hamid-Reza Assefi.

Die Auseinandersetzung hatte sich an kritischen Äußerungen Schilys über den künftigen iranischen Staatspräsidenten Mahmoud Ahmadinejad entzündet. Dieser wurde unter anderem verdächtigt, in die Wiener Kurdenmorde verwickelt gewesen sei, denen 1989 der Chef der Kurdischen Demokratischen Partei, Abdul Rahman Ghassemlou, und zwei Mitarbeiter zum Opfer fielen.

Assefi forderte das deutsche Innenministerium erneut auf, demokratische Kriterien zu respektieren, "Selbstbeherrschung zu üben" und sich der "international anerkannten Sprache der Diplomatie" zu bedienen. Assefi, der in der iranischen Presse als möglicher Kandidat für den frei werdenden Botschafterposten in Berlin gehandelt wird, sagte weiter: "Es ist schlecht für einen Politiker, wütend zu werden."

Schily hatte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gesagt: "Wenn wir jetzt hören, dass der Iran und der Irak enger kooperieren wollen und in Teheran gleichzeitig ein Fundamentalist an die Macht kommt, bei dem nicht sicher ist, dass er absolute Distanz zum Terrorismus hält, sind das alles sehr Besorgnis erregende Perspektiven." Assefi sprach von einer Beleidigung des iranischen Volkes, das mit absoluter Mehrheit für Ahmadinejad gestimmt habe. Er "empfahl" Schily, "sich vom Einfluss zionistischer Kreise loszureißen und die demokratischen Grundsätze zu respektieren".

Schilys Sprecher wies dies am vergangenen Mittwoch als "unglaubliche Unverschämtheit" zurück. "Eine solche Stimme aus einem Land, in dem die Menschenrechte ständig verletzt werden, (...) ist wirklich an Unverfrorenheit nicht zu überbieten."

Fischers distanziert sich von Schilys Iran-Kritik

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer hat sich laut einem Bericht des am Montag erscheinenden Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" von den scharfen antiiranischen Aussagen des Innenministeriums distanziert. Fischer habe in einer vertraulichen Note an die iranische Botschaft in Berlin betont, dass sich trotz der Angriffe des Sprechers von Innenminister Otto Schily nichts an der deutschen Position gegenüber dem Iran geändert habe.

Innenministeriumssprecher Rainer Lingenthal hatte Kritik des iranischen Außenministeriums an Schily als "unglaubliche Unverschämtheit" zurückgewiesen und dem Iran schwere Defizite bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten vorgehalten. Laut "Spiegel" unterstrich Fischer in dem Schreiben das Ziel, die bilateralen Beziehungen auszubauen, er mahnte aber auch Fortschritte bei der Einhaltung der Menschenrechte ein. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte sich unter Hinweis auf die Vertraulichkeit solcher Noten nicht zu dem Bericht des Magazins äußern.

Die Beziehungen zwischen dem Iran und Deutschland waren in der Vergangenheit schwer belastet. Der deutsche Prozess um den "Mykonos"-Mordanschlag auf kurdische Oppositionelle in Berlin hatte weltweit Aufsehen erregt, weil das Berliner Gericht in seinem Urteil vom April 1997 Teheran des Staatsterrorismus bezichtigt hatte. (APA/Reuters)