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Spurensuche vor dem Reichstag: Das Doppeldeckerflugzeug stürzte erschreckend nahe bei Parlament und Kanzleramt auf den Berliner Boden, eine Sicherheitsdebatte läuft.

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Augenblicke nach dem Crash: das brennende Wrack auf der Wiese neben dem deutschen Kanzleramt.

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Das Areal vor dem Reichstag wurde großräumig abgesperrt.

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für Privatflugzeug wird ein Flugverbot über der Hauptstadt verhängt. Die Bundeswehr beteuert, für Angriffe mit Großflugzeugen gerüstet zu sein.


Berlin/Frankfurt - Der Pilot stürzte mit seiner Maschine am Freitagabend vor dem Berliner Reichstagsgebäude zu Boden, seine Frau ist vermisst, die Polizei suchte sie bis Sonntag vergebens. Auch auf dem Grundstück der Familie in Brandenburg fand sich keine Spur von Christiane Klawitter. Es besteht der Verdacht, dass Volker Klawitter seine 36-jährige Frau umgebracht hat.

Auch wenn Selbstmord als Ursache des Absturzes des 39 Jahre alten Hobbypiloten vermutet wird, gibt es dafür noch keinen Beleg. Es habe sich kein Abschiedsbrief gefunden. Darum "gehen wir ins Haus und drehen alles um", sagt die Polizei. Am Samstag wurde eine Jauchegrube abgepumpt. Umliegende Gebäude wurden vorübergehend evakuiert, da in dem Haus des Piloten zunächst Sprengstoff vermutet wurde. Der Pilot, der bei der Berliner Stadtreinigung beschäftigt war, hinterlässt zwei Kinder, zehn und 14 Jahre alt; seinen Sohn ließ er bei seinem Todesflug bei einer Zwischenlandung von Bord gehen.

Am Freitagabend war der Mann mit einem Doppeldecker vom Typ "Roter Kiebitz" auf die Wiese vor dem Reichstag gestürzt. Der Berliner Senat sucht nun nach Möglichkeiten zur Erhöhung der Sicherheit im Luftraum.

Innensenator Ehrhart Körting glaubt aber nicht, dass ein generelles Flugverbot durchsetzbar ist. Das bedeutete die Schließung der drei Verkehrsflughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld und darüber hinaus die Stilllegung von bis zu 200 Kleinflugplätzen rund um Berlin. Untersucht werden müsse aber, ob die Kontrollen auf den Flugplätzen für Sport-und Privatflieger verbessert werden können. Körting verständigte sich am Sonntag mit Bundes-Verkehrsminister Manfred Stolpe darauf, dass künftig ein Flugverbot für Privatmaschinen im Luftraum über Berlin gelten soll.

SPD-Sicherheitssprecher Wolfgang Bosbach nannte es Besorgnis erregend, "dass ein Flugzeug offensichtlich so nah ans Zentrum der Macht kommen kann". Sein Gegenüber in der Union, Dieter Wiefelspütz, forderte eben die Luftraumsperre. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) spricht von einer unglaubliche Sicherheitslücke; mit Blick auf den Terrorismus zeuge dies "von einer unverständlichen Leichtfertigkeit der Verantwortlichen".

Für die Bundeswehr bestätigte Hans-Joachim Schubert, Kommandant der Nato-Luftverteidigungszentrale in Kalkar, zwar, dass "Leichtflugzeuge vom Radar nicht erfasst werden", ihre zerstörerische Wirkung sei aber nicht zu vergleichen mit der großer Verkehrsmaschinen. Für Angriffe wie in New York sei die Bundeswehr dagegen gut gerüstet.

Einen mit Berlin vergleichbaren - mutmaßlichen - Selbstmord gab es 2002 in Mailand. Am 18. April dieses Jahres krachte ein Kleinflugzeug in das 26. Stockwerk des so genannten Pirelli-Turms vor dem Hauptbahnhof. Zwei Frauen, die im Büro arbeiteten, und der Pilot starben.

Der 67-Jährige Hobbypilot hatte die Anweisungen der Flugkontrolle missachtet. Er war hoch verschuldet, das nährte Gerüchte über einen Freitod des aus dem Tessin kommenden Italieners. Die Staatsanwaltschaft wollte einen Selbstmord zwar nicht ausschließen, ging aber davon aus, dass ein Unfall wahrscheinlich ist. (dpa, AP, AFP/DER STANDARD, Printausgabe, 25.07.2005)