Dutzende Internet-Fahnder sitzen hierzulande vor den Bildschirmen. Doch sie stehen vor einem Dilemma. Paragraph 130a des Strafgesetzbuches schreibt fest, dass nur solche Bombenbau-Seiten unter Strafe stehen, auf denen direkt zu einem Anschlag aufgefordert wird. Steht dort die reine Gebrauchsanweisung für die Produktion eines Sprengstoffs, ist das erlaubt. Experten fordern schärfere Regeln. "In Deutschland sind die Gesetze extrem lapidar gefasst", sagte Bert Weingarten, Chef der Internetsicherheits-Firma Pan Amp, die die Online-Verbreitung von extremistischen Gewalt-Seiten im Internet seit Jahren beobachtet.
Weingarten weist darauf hin, dass in Spanien, Italien oder Frankreich solche Internet-Angebote konsequent abgeschaltet werden. Das deutsche Justizministerium hält das deutsche Gesetz dagegen für ausreichend. Das Ministerium weist darauf hin, dass etwa auch Patentschriften zu explosiven Stoffen verboten sein müssten, wenn die Seiten generell unter Strafe gestellt würden.
Doch für die Internet-Polizisten sind auch Seiten, die explizit zu Gewalt oder zum heiligen Krieg aufrufen, immer schwerer zu verfolgen. "Der Verfolgungsdruck hat zu einer Bewegung weg von ein paar zentralen Internet-Seiten geführt", sagt Henner Kirchner, Islamwissenschaftler an der Universtität Gießen, der seit Jahren zu islamistischen Websites forscht. Die Fahnder beobachten, dass sich Extremisten in schwer zugängliche Foren und Chat-Gruppen zurückziehen. "Meist werden brisanten Dokumente dort nur als PDF-Dokument angehängt", sagt Kirchner.
So zirkuliert laut Kirchner weiter das El-Kaida-Handbuch, das in afghanischen Traningslagern eingesetzt wurde und auf hunderten Seiten zum islamistischen Kampf gegen die westliche Welt anleitet. Auch die Ausgaben der saudiarabischen Internet-Zeitschrift "Muaskar el Battar" ("Militärcamp") seien beliebt bei der Online-Gemeinde. Dort wird der Bau von Waffen oder Sprengstoff unterrichtet. Die Zeitschrift selbst existiert nicht mehr. Saudiarabische Fahnder zerschlugen die Redaktion, als sie nach den Anschlägen von 2003 gegen Islamisten vorgingen.