Cover: Die Kunst des Spiegels
"Das Titelbild ist die wöchentlich aktuelle Visitkarte des 'Spiegel'", meint dessen Chefredakteur Stefan Aust. Entsprechend wichtig ist die Visualisierung des Titelthemas für das deutsche Magazin. Seit 1956 sind es Illustratoren, die dem "Spiegel" sein Gesicht geben. "Eine Zeichnung kann eher abstrahieren, verdichten, oder ein Thema ironisch brechen", schreibt Aust zur Ausstellung "Die Kunst des Spiegel", die derzeit 200 Originalillustrationen im Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK) zeigt.

"Genosse Schröder

Als das Titelbild des österreichischen Illustrators Michael Pleesz 2002 erschien, rief der deutsche Bundeskanzler beim Spiegel an: Er hätte gerne das Original. "Genosse Schröder" sieht bei Pleesz aus wie ein kämpferischer Stachanow-Arbeiter in der Manier des sowjetischen Realismus. Auch US-Präsident George W. Bush habe sich von Jean-Perre Kunkels Titelbild von 2002, das ihn als schießwütigen Filmhelden im Rambo-Outfit zeigt, "gut getroffen" gefühlt, plauderte Stefan Kiefer, Ressortleiter Titelbild des "Spiegel", aus dem Nähkästchen des Nachrichtenmagazins.

"Plädoyer eines kommerziellen Magazins für die Kunst"

Diese Arbeiten werden normalerweise als Gebrauchsgrafiken rezipiert und verschwinden nach einer Woche von der Bildfläche - wenn auch nicht aus dem Gedächtnis, spiegeln sie doch die Befindlichkeit Deutschlands oder der Welt manchmal höchst treffend wider. Nun wandern diese Zeichnungen durch Museen in Deutschland, Österreich und den USA. "Es sind eigenständige Arbeiten auf hohem Niveau", rechtfertigte MAK-Direktor Peter Noever den Platz der Bilder im Kunstblättersaal des Museums bei der Presseführung heute, Dienstag. Die Schau sein "das Plädoyer eines kommerziellen Magazins für die Kunst".

Von Heiligen-Ikonen bis zu Pop-Art

Auf wenig Platz sind die Illustrationen im MAK zusammengedrängt und überfallen den Betrachter nicht nur mit stilistischer Vielfalt. Wer der weißen, Platz sparenden Spirale folgt, hüpft von einem Aufmacher zum nächsten. "Schnell und unkompliziert", das seien die Eigenschaften der Spiegel-Illustratoren, meinte Kiefer, schließlich seien die Vorlaufzeiten bei aktuellen Themen extrem kurz, manchmal gar nur zwei Tage. Von Heiligen-Ikonen bis zu Pop-Art reichen die Stile, von Ölmalerei bis zu Air-Brush die Techniken dieser Schau, die nicht nur Illustrationsliebhaber, sondern auch Medieninteressierte reizen kann. "Selbst Joseph Beuys hat einmal einen Titel für uns gestaltet", erzählte Kiefer. "Der war leider undruckbar - zu frei." (APA)