Josef Motzfeldt ist in der grönländischen Autonomieregierung für äußere Angelegenheiten und Finanzen zuständig.

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derStandard.at: Warum streiten sich Dänemark und Kanada um eine unbewohnte Felsinsel?

Josef Motzfeldt: Durch die Klimaerwärmung ist zu erwarten, dass der Schiffsverkehr nach Asien in Zukunft die Route über die Nordwest-Passage nehmen wird. Dadurch erhält die Insel eine neue strategische Bedeutung, sie liegt dann an einer Hauptverkehrsader. Außerdem haben zahlreiche Staaten Interessen im Nordpol-Gebiet. Die Debatte läuft seit den 70er Jahren. Erst durch neue Technologien wie die GPS-Navigation und neue Methoden in der Tiefseeforschung ist eine exakte Grenzziehung möglich/erforderlich geworden.

derStandard.at: Ist der Klimawandel in Grönland bereits zu bemerken?

Motzfeldt: Durchaus. Letzten Winter musste die Autonomieregierung zum ersten Mal unseren Jägern Beihilfe zum Ankauf von Hundefutter gewähren, weil sich wegen der Temperatursteigerung keine stabile Eisdecke mehr bildet und dadurch die traditionelle Jagd auf dem Eis unmöglich wird. Das Überleben der Jäger wäre ansonsten nicht gewährleistet.

derStandard.at: Ist mit der Entdeckung von Rohstoffvorkommen in der Region zu rechnen?

Motzfeldt: Bisher wurden keine Lizenzen zur Exploration vergeben, die Nähe zum Polareis macht die Rohstoffsuche auch extrem teuer.

derStandard.at: Ist eine Reaktion Dänemarks auf den Besuch des kanadischen Verteidigungsministers Bill Graham auf der Insel Hans zu erwarten?

Motzfeldt: Wir bedauern Herrn Grahams Verhalten und haben bei der kanadischen Botschaft in Kopenhagen Protest eingelegt. Außerdem planen wir für den nächsten Sommer, ein Konzert auf der Insel Hans (auf grönländisch heißt die Insel wegen ihrer Nierenform Tartupaluk) zu veranstalten, zu dem wir kanadische und grönländische Musiker einladen wollen.

Statt Militärs wollen wir also Künstler auf die Insel bringen. Auch wenn wir zu dieser Veranstaltung nicht besonders viele Besucher erwarten, wäre es doch eine beeindruckende Geste an die kanadischen Behörden. (Berthold Eder/derStandard.at/26.07.2005)