Wien - "Es war schon eines meiner aufwändigeren Spiele", sagt Fritz Stuchlik, österreichischer FIFA-Schiedsrichter und also ein erfahrener Mann, nach den über 90 Minuten zwischen Gratkorn und dem LASK am Dienstagabend. Sechs gelbe und zwei gelb-rote Karten zeigt selbst der als streng bekannte Herr Fritz selten. Für ihn aber durchaus typisch resultierten die Ausschlüsse aus Kritik an seiner bzw. an der Person eines seiner Schiedsrichterassistenten. Geholzt wurde auf dem Gratkorner Kunstrasen aber auch ordentlich, wobei einander Steirer und Oberösterreicher nichts schuldig blieben.

Damit folgte die Partie einem quasi bundesweiten Trend, auch in den restlichen vier Spielen der Red Zac Erste Liga, also der zweiten Leistungsstufe, gab es im Schnitt zwei Ausschlüsse. Bei der Partie von Spitzenreiter Altach gegen Aufsteiger Schwanenstadt waren es gleich drei, umrahmt von immerhin sechs gelben Karten. Zur Verteilung schritt hier Rudolf Gruber, ein relativ unerfahrener Mann.

Für Stuchlik war weder die Hitze des Tages noch die gewittrige Luft des Abends schuld am kollektiven Amoklauf. "Es ist schon seit Jahren zu beobachten, dass drei, vier Runden nach Meisterschaftsbeginn die Vergehen, ob nun Foulspiel, Unsportlichkeit oder Kritik, deutlich zunehmen." Das liege am steigenden Druck nach dem Ligastart, "wenn die Erwartungen noch nicht erfüllt wurden, weil man mit anderen Vorstellungen in die Meisterschaft gegangen ist". Erfahrungsgemäß lege sich die Aufregung aber wieder relativ schnell. "Die Spieler sind ja normal lernfähig." Eine ähnliche Häufung von Ausschlüssen sei nach Beginn der Frühjahrsmeisterschaft laut Stuchlik übrigens nicht festzustellen. "Das könnte die Wettertheorie wieder stützen, im Februar kann man ja nicht so leicht überhitzen."

Der Wiener Sportmediziner Paul Haber sieht keinen Zusammenhang mit dem Sommerwetter, "eher glaube ich, dass die Schiedsrichter Exempel statuieren wollen". Insgesamt werde nämlich zu hart gespielt, das sei eine "Konzession an das quasi blutrünstige Publikum. Je niedriger die Klasse, desto höher die Brutalität. Einige Fouls sind ja existenzgefährdend. Mit einer schärferen Spruchpraxis bin ich durchaus einverstanden."

Schmucklos

Keine Probleme hatten die Schiedsrichter am Dienstag mit der erstmaligen Umsetzung des "Schmuckerlasses". FIFA und UEFA haben das Tragen von Schmuck während des Spiels aus Sicherheitsgründen ausnahmslos verboten, die bisher gängigen Überklebungen ebenfalls. "Das haben die Spieler ganz ruhig hingenommen", sagt Stuchlik. Die UEFA hatte in einem Rundschreiben nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die neue Regel keinen Raum für Interpretationen biete. "Aber alles kann ich natürlich nicht kontrollieren", so Stuchlik. (fri, lü DER STANDARD Printausgabe 28. Juli 2005)