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Otto Zich

Foto: APA/ Franz Neumayr
Ich bin froh, dass Herr Menasse die Möglichkeit hatte, anlässlich der so genannten "alternativen Eröffnung" der Salzburger Festspiele auf dem Mönchsberg vor der "geistigen Sintflut" zu warnen und über die EU, die Unternehmer und die Universitäten in Weltuntergangsstimmung zu raunzen.

Der Umstand, dass er seine Gedanken frei darlegen kann und eine der angesehensten österreichischen Zeitungen seiner Rede eine ganze Seite widmet, beweist zumindest, dass seine Aussage, die Europäische Union sei "ein Projekt, das demokratische Staaten zum Zwecke der gemeinsamen Abschaffung der Demokratie gegründet haben", doch nicht ganz ernst gemeint sein kann. Leute von "auswärts", die den "Herrn Karl" nie gehört haben und die die Kunst des Raunzens nicht verstehen, ordnen solche Aussagen erfahrungsgemäß gleich in die Kategorie der Lächerlichkeit ein - bevor sie sie vergessen.

Ich bin auch stolz, dass Österreich seit vielen Jahren zu den zehn reichsten Ländern der Erde zählt (gemessen am Bruttonationalprodukt pro Kopf) und dass zur Verteilung ein Mechanismus besteht (Sozialpartnerschaft, Gewerkschaft), der zum sozialen Frieden in Österreich beiträgt, um den uns viele Länder beneiden. Da Unternehmen jene Organe der Gesellschaft sind, die für Reichtum sorgen, muss es um jene, die in Österreich tätig sind, und um die politischen Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln in diesem Land doch ganz gut bestellt sein.

"Armes" Österreich? Herr Menasse vermutet dagegen, dass die österreichische Gesellschaft "empirisch verarmt". Was materielle Armut bedeutet, kann man auf Reisen erfahren: "Wir sind froh, dass wir in Österreich leben", hört man oft von Österreichern, die im Ausland unterwegs sind. Um zu wissen, was zur geistigen Verarmung einer Gesellschaft beiträgt, braucht man nicht weit zu fahren: Es genügt, manche Polemiken und oberflächliche Betrachtungsweisen im Inland zu studieren.

Herr Menasse sieht in diesen Tagen "eine gesellschaftliche Elite" am Werk, "die auf den Trümmern der Universitätsstadt Salzburg feiert". Dazu nur ein paar persönliche Anmerkungen, betreffend die Situation von Ausbildung und Forschung in Österreich: In meinem Berufsleben habe ich Hochtechnologieunternehmen in vielen Ländern geleitet. Ich war immer stolz darauf, dass Absolventen österreichischer Schulen (ob Berufsschule oder Universität) hervorragende Leistungen erbrachten und keinen Vergleich mit Absolventen anderer Länder scheuen müssen. Daher bin ich von der Qualität unseres Bildungssystems überzeugt.

Ich bin auch froh darüber, dass in Österreich die Bedeutung der Ausbildung und Forschung für die Konkurrenzfähigkeit einer Wissensgesellschaft erkannt wurde und ins Zentrum politischer Diskussionen gerückt ist. Noch nie wurde in Österreich so viel Geld für Forschung und Ausbildung ausgegeben wie heute - und noch nie wurde in Österreich so viel davon gesprochen, dass mehr getan werden muss. Eine gute Konstellation für die Zukunft.

Im Übrigen: Die Höhe der finanziellen Aufwendungen ist eine Sache, der effiziente Einsatz dieser Mittel jedoch von gleicher Bedeutung. Für die nachhaltige Verbesserung der Leistungsfähigkeit unserer Universitäten war sicher entscheidend, dass mit dem Universitätsgesetz 2002 die Autonomie der Universitäten verstärkt wurde - ein mutiger Schritt der zuständigen Ministerin.

Welche "Trümmer"? Als Vorsitzender des Universitätsrates der Uni Salzburg frage ich mich daher, wo sich Herr Menasse umgesehen hat, als er diese "Trümmer", auf denen die "gesellschaftliche Elite" tanzt, entdeckte. Die Uni Salzburg hat heuer ein neues Institutsgebäude für die naturwissenschaftliche Fakultät um über vier Millionen Euro erworben, im nächsten Jahr wird im Nonntal um rund 50 Millionen Euro ein Neubau für die geisteswissenschaftliche Fakultät errichtet. Das Mozarteum wird gerade um 35 Millionen Euro generalsaniert und wird seinen Betrieb im Wintersemester 2006/2007 in neuen Räumen aufnehmen. Die Rektorenkonferenz verhandelt mit dem Bund eine Höhe der Budgetmittel für die österreichischen Universitäten um 170 Millionen Euro. Dies alles sind zusätzliche Investitionen für die Zukunft unseres Landes.

Und was die "tanzende Elite" betrifft: Lassen wir den Gästen in Salzburg doch ihr kulturelles und sonstiges Vergnügen. Nachdem die Festspiele auch ökonomisch ein Erfolg sind, finden viele Leute einen Arbeitsplatz, was ganz der Gründungsidee der Salzburger Festspiele entspricht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.7.2005)