Auch Bill Gates war einmal ein junger "Nerd" mit großer Brille, die mehr an Harry Potter als an den künftigen Reichsten und einen der einflussreichsten Männer der Welt denken ließ. Unwillkürlich muss man beim Gespräch mit den beiden Youngsters in der Cafeteria der Wiener Microsoft-Zentrale an den Microsoft-Gründer denken - vielleicht ist das auch einer der Beweggründe, warum der größte Softwarekonzern der Welt seit einigen Jahren den "Imagine Cup" veranstaltet.

Klein anfangen

Schließlich haben die meisten großen Dinge klein angefangen. Stell dir eine bessere Welt mithilfe von Technologie vor, ist sinngemäß das Wettbewerbsziel, und im heurigen Jahr: eine Welt, in der Technologie hilft, Grenzen zu überwinden. Die Grenzen, die sich der WU-Student Ralph Zlabinger und der Wiener Informatikstudent Alexander Duggleby vorstellten, sind die Grenzen von Risikopatienten, z.B. Menschen mit akuter Herzinfarktgefährung. Ihre Welt hat relativ enge Grenzen - den (notfalls rasch überwindbaren) Abstand zu den Medizinern, die sie betreuen.

Für solche Menschen haben sich die Studenten, inspiriert von Zivildiensterfahrungen mit behinderten Menschen, "Gecco" ausgedacht - Global Emergency Clinic Coordination, ein grenzüberschreitendes medizinisches Notfallsystem. Sensoren messen laufend essenzielle Körperdaten der Betreffenden, ein Smartphone überwacht die Daten und schlägt im Notfall Alarm.

Am richtigen Ort . . .

Der Trick: Dank GPS weiß das Smartphone, wo sich der Patient befindet und alarmiert mithilfe einer Datenbank Notfallmediziner dort, wo sich die Person gerade befindet - zusammen mit dem persönlichen Arzt. Gleichzeitig wird eine Verbindung zwischen dem persönlichen Arzt und den auf den Plan tretenden Medizinern aufgebaut.

"Damit können auch Menschen mit gesundheitlichen Risiko auf Reisen gehen, zumindest dorthin, wo das System eingerichtet ist", beschreiben Zlabinger und Duggleby. Entwickelt wurde der Prototyp von "Gecco" auf Basis von Microsoft Webservices.

Das Projekt setzte sich zuerst in einer schweizerisch-österreichischen Ausscheidung durch, seit ein paar Tagen ist das Team, das in Gmunden gemeinsam in die Schule ging, bei den Endrunden in Yokohoma, von wo es ein Blog führt (siehe Webtipp). Dort ringt jetzt in zwei Runden ein funktionierender Prototyp um den Sieg im "Imagine Cup", am Sonntag ist Finale, am Montag werden die Sieger bekannt gegeben (der STANDARD wird berichten). Noch ein weiterer Österreicher, Andreas Tomek, hat den Sprung in die Endrunde in einer anderen Disziplin - Aufbau von IT-Infrastruktur - geschafft. Insgesamt hat das Turnier neun Kategorien, darunter so "Hardcore"-Bereiche wie Algorithmen.

. . . der richtige Kontakt

Die Japanreise ist Teil des Preises, für Sieg bzw. Plätze in den Kategorien gibt es darüber hinaus 25.000, 15.000 und 10.000 Dollar. Der eigentliche Preis, sagt jedoch der bei Microsoft Österreich zuständige Academic Relations Manager Andreas Schabus, "ist das dadurch mögliche Networking". Das hätten auch die vergangenen Cups gezeigt, "der Gewinner von vor zwei Jahren hat 18 Angebote erhalten, sich dann selbstständig gemacht und inzwischen ein mittelgroßes Business aufgebaut".

Nebst den technischen Kategorien sei Microsoft der Bereich des "Social Computing" wichtig, Ideen zu fördern, die viele Menschen erreichen. So der Gewinner vor zwei Jahren, ein US-Student aus einer vietnamesichen Familie. Er entwickelte für ein Restaurant mit vietnamesischer Küche und englischsprachigem Personal ein Programm, das Bestellungen übersetzt und weitergibt - auf Basis von drahtlosen PocketPCs. Inzwischen hat eine Restaurantkette die Entwicklung gekauft.

Auch für Gecco gibt es bereits Interessenten, Duggleby wird nach seiner Rückkehr an einem ähnlichen Projekt arbeiten. Heuer werden erstmals auch Risikokapitalgeber beim Imagine Cup auf Projektsuche sein, sagt Schabus. (Helmut Spudich, DER STANDARD Printausgabe, 29. Juli 2005)