Bei konstanten 22 Grad Celsius anderen beim Arbeiten zuschauen: Ferdinando Tacca "Herkules trägt den Himmel" (2. Hälfte 17. Jh.)

Foto: Sammlung Liechtenstein
Wien - Dieser Sommer gab schon mehrfach Anlass, sich ausufernd über das Wetter zu mokieren. Zunächst aprilfrische Temperaturen und Wetter-Surprisen, die dem holden Frühjahr abgeschaut schienen. Danach sintflutartige Regengüsse. Nun aber lassen verschärfte Temperaturen das Quecksilber über 30 Grad und den Schweiß aus allen Poren schießen. Überschwenglich, formenreich, üppig - kein Zweifel, dieser Sommer gebärdet sich echt "barock".

Bei glühenden Außentemperaturen besinnt man sich im Liechtenstein Museum auf innere Werte: Bei konstanten 22 Grad Celsius und gleich bleibender Luftfeuchtigkeit fühlen sich eben nicht nur barocke Meisterwerke wohl. Mit diesen abkühlenden Vorzügen und der Aktion Sommerfrische (bis 18. 9.) - einem Preisnachlass von zehn Prozent ab 30, zwanzig Prozent ab 32 Grad Celsius - lockt man nun die Besucher ins Palais. Und auch wenn hier das Motto "Barock lebt" gilt, so nimmt man Abstand von nackten Tatsachen mit oder ohne Bikini, die etwa im Leopold Museum den Weg ins Museum schöner, weil gratis machen sollen.

Wirklich hüllenlos hingegen der bronzene Herkules von Ferdinando Tacca (17. Jh.), dessen glänzendes Muskelspiel man nun, selbst gänzlich untranspirierend, beim Tragen der schweren Himmelslast bewundern kann. Denn die in der permanenten Ausstellung jüngst installierten Neuankäufe und Leihgaben geben den anderen Grund ab, dieser Tage das Fürstenpalais zu besuchen.

Eine weitere Arbeit aus der Spätzeit der Florentiner Bronze ist vom Giambologna-Schüler Pietro Tacca. Der Entwurf zu einem Reitermonument für Ferdinando II. de Medici, ist gegenüber dem edlen und 27,5 Millionen Euro teuren Badminton-Cabinet prominent platziert. Der Kopf wurde später ausgetauscht und porträtiert Zar Peter den Großen. Des Weiteren ein Kreuzabnahme-Bozzetto von Soldani und ein aus dem riesigen Fundus der Sammlung ausgegrabenes Bildnis eines jungen Mannes (um 1515/20) eines niederländischen Meisters. Dort hat er noch andere Schätze entdeckt, kündigt Direktor Johann Kräftner an - im Museum sind nur 15 Prozent der Bestände ausgestellt.

Eine Besonderheit stellt Arcimboldos Gemälde Die Erde dar: Teil des Zyklus über die vier Elemente. Im 19. Jahrhundert kam es aus dem Kunsthistorischen Museum ins Joanneum und nun über private Umwege als Dauerleihgabe zurück nach Wien. Im KHM sind noch heute Feuer und Wasser zu sehen. Interessant die Frage, ob den Besuchern dort verraten wird, das wenige Bim-Stationen entfernt ein weiteres Meisterstück der Serie zu bewundern ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.07.2005)