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Die Produktivität des 1998 verstorbenen Soziologen Niklas Luhmann stammte aus seinem legendären Zettelkasten. Zur technischen Ausstattung des Zettelkastens gehören hölzerne Kästen mit nach vorne ausziehbaren Fächern und Zettel im Oktav-Format. Alle Zettel haben eine feste Nummer - es gibt keine systematische Gliederung, der Zettelkasten ist also nicht systematisch geordnet. Elektronische Zettelkästen adaptieren mittlerweile das Sammelsystem von Niklas Luhmann.

"Tinderbox

Informationen sammeln, analysieren und mit anderen teilen sei das Hauptproblem für kreative Menschen, sagt Mark Bernstein gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung . Er ist Entwickler des Programms "Tinderbox" (Pulverfaß) /. "Als persönliches Archiv steht es hinter vielen Internet-Tagebüchern, im Jargon Weblogs genannt. Auch bei Buchprojekten ist die Box hilfreich: Der Benutzer kümmert sich um die Eingabe, je nach Verwendungszweck fließen die Daten dann in eine andere Form. Das Programm nutzt die Beschreibungssprache XML, also jenen Standard, der die Inhalte vom Layout löst", so die FAZ.

"Agenten"

In der Welt der Tinderbox mische sich alles. Blitzschnell formten sich neue Ansichten. "Da gibt es unbegrenzte weiße Landkarten, auf denen die buntetikettierten Kästen herumgeschoben und verknüpft werden können. Sie verschwinden ineinander, und so kann jeder Kasten eine neue und im Zweifelsfall erst einmal unordentliche Welt enthalten. Will der Benutzer Ordnung schaffen, legt er kleine "Agenten" an. Die durchforsten unermüdlich das persönliche Netz und sortieren die Karten nach zeitlicher Reihenfolge, nach Farbe oder nach hundert anderen Eigenschaften", schreibt die FAZ.

"synapsen"

Näher am Ordnungskosmos von Luhmann ist das Programm "synapsen". Entwickelt hat es Markus Krajewski von der Universität Weimar. Seit zehn Jahren verschlagwortet er seine Gedanken elektronisch, 30.000 Verknüpfungen verbinden sie inzwischen miteinander.

Informations-Architektur

Über die sture Verwaltung von bibliographischen Daten hinaus bietet die Software eine Informations-Architektur, die dem Zettelkasten in spezifischer Weise selbst die Rolle eines Autors zuschreibt. Jeder Datensatz, der die bibliographischen Daten eines Textes ebenso erfasst wie einen mitunter sehr umfangreichen Lektürebericht, wird durch eine Liste von Schlagworten charakterisiert. Sie sind vom Anwender bei der jeweiligen Eingabe zu vergeben. Anhand umfangreicher interner Vergleiche fügt synapsen daraufhin eine Liste der Datensätze/Zettel an, die ebenfalls mit diesen Schlagworten belegt sind.

Ein Netzwerk des persönlichen Wissens

"Jeder Zettel schreibt sich damit automatisch in ein Netzwerk des persönlichen Wissens ein, das der Benutzer auf leichte Weise per hypertextuellem Mausklick verfolgen kann. Der Zettelkasten liefert auf diese Weise überraschende Verbindungen und assoziiert neue Argumentationslinien über Begriffe und die dazugehörigen Texte, die vom Benutzer unter Umständen gar nicht gesehen, geahnt oder vergessen wurden. Der Zettelkasten gerät somit regelrecht zum Kommunikationspartner und kreativen Stichwortgeber", so Krajewski. (pte)