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Rockig

Microsofts Marketing Maschine auf Hochtouren, eine Halle voller überzuckerter, hyperventilierender Microsoft-Fans und schon gibt es Standing-Ovations und Reaktionen wie bei einem Rockkonzert, wenn der Softwarekonzern aus Redmond den Namen seiner kommenden Windows Version bekannt gibt. Jup, nur den Namen, mehr nicht. Keine technischen Details, keine Beta, keine Screenshots. Nur den Namen und ein Lifestyle-Video dazu.

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Rückblende

Ende Oktober 2003, Microsoft Professional Developers Conference (PDC) in Los Angeles – Bill Gates vergleicht Longhorn mit Windows 95. Er bezeichnet Longhorn, das nun als Windows Vista auf den Markt kommen wird, als die wichtigste Release der Dekade. Die Entwicklung von Longhorn/Vista soll so viel kosten, wie das Apollo Programm, das den ersten Menschen auf den Mond brachte.

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Stützen der Software

Vier "Pfeiler" machten Windows Longhorn für Gates so wichtig: Die Trusted Computing Initiative, die bereits seit einigen Jahren intern für besseren, sicheren Code sorgen soll, sowie das neue Applikations-Programmiermodell WinFX mit seinen Bestandteilen Avalon für die Oberfläche, der Kommunikationsinfrastruktur Indigo und, damals von vielen als "Heiliger Gral" bezeichnet, das neue, auf einer Datenbank basierende, Speichersystem WinFS, das NTFS ablösen sollte. Basierend auf dem .NET Framework sollte sie für einfacheren Code und simpel zu bedienende aber trotzdem sichere Anwendungen sorgen.

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WinFS? Bitte warten

Anscheinend war die Sicht in die Zukunft allerdings noch etwas getrübt. XML-basierende Metadaten und dynamische Suchen (Suchen können als Ordner abgelegt werden, die immer dem aktuellen Stand der Suche entsprechen) hätten Ordnung in das Dateichaos am Desktop bringen sollen. Trotz vieler Demos, Beispiele und vollmundiger Versprechungen, was WinFS nicht alles können wird, wurde es 2004 offiziell aus Windows Vista ausgekoppelt. Es soll zu einem späteren Zeitpunkt (vermutlich 2007) als Add-In oder Option-Pack nachgeliefert werden.

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Managed Code?

Noch 2003 war Microsoft der Meinung, WinFS, Indigo und Avalon werden komplett in .NET, also als Managed Code, geschrieben und daher nur für Windows Vista verfügbar sein. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, dass man eventuell Indigo, die Web-Services und Kommunikationsinfrastruktur, auch für XP und den Windows 2003 Server verfügbar machen könnte, damit der "Business Value" dieser Lösungen vergrößert wird. Aber auch hier war der Vista in die Zukunft wohl etwas getrübt.

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Auf dem Boden der Tatsachen

Stand der Dinge ist, dass sich Microsoft von der Vision eines "perfekten" Betriebssystems getrennt hat und nun einen etwas realistischeren, wenn auch nicht so eleganten und perfekt erscheinenden Weg gewählt hat. So werden nun auch das grafische Subsystem Avalon samt der XAML-Technologie für die einfache Erstellung von grafischen Anwendungen, also auch Indigo für Windows XP und Windows Server 2003 als Add-On verfügbar gemacht, wobei man zumindest bei Avalon einige funktionelle Abstriche machen muss.

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Big Bang?

Anstelle des großen Knalls, der 2003 noch von Bill Gates versprochen wurde, haben wir mit Windows Vista nun ein Betriebssystem, das unter der Haube wie auch schon XP eine Mischung aus klassischem C++ und modernem Managed Code darstellt, dessen WinFS Komponente später als "out-of-band add-on pack" nachgeliefert wird und dessen grafische Komponente auf XP ohne dem neuen Gerätetreibermodell und einige anderen Features auskommen muss.

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Vista - Der Durchblick

Was wird sonst noch mit Windows Vista kommen? Zum Einen verspricht Microsoft erneut eine Reduzierung der notwendigen Reboots, wenn man etwa ein Sicherheitsupdate eingespielt hat. Eine stärkere Kapselung der Komponenten soll dies ermöglichen. Auch das Auslagern von TCP/IP Operationen auf dezidierte Hardware soll unter Windows Vista deutlich einfacher werden.

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U-Bahn oder PDF

Ein neues Grafikfeature namens Metro soll mit Vista einerseits Adobes PDF Konkurrenz machen, andererseits auch dem bisherigen Markt der preisgünstigen GDI-Drucker, bei denen der Windows-Rechner den Ausdruck für den Druck vorbereitet und dann als GDI bzw. Metro-Anweisungen an den Drucker schickt und diesen damit entlastet, neuen Schwung verleihen.

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Sicherheit der anderen Art

Neben den organisatorischen und programmiertechnischen Aktionen, um den Code von Vista sicherer zu machen, werden auch mehrere Sicherheitsarchitekturen zu Windows Vista gehören. So wird es mit "Secure Startup" eine Möglichkeit geben, ein Festplattenvolume komplett zu verschlüsseln. Basis hierfür bildet das Trusted Platform Module (TPM), wie es etwa IBMs Thinkpads bereits eingebaut haben. Aber auch für audiovisuelle Inhalte werden Sicherheitsarchitekturen in Windows Vista integriert, schließlich erwartet die Medienindustrie, dass die kommenden High Definition Inhalte nur mehr komplett verschlüsselt – auch innerhalb des Systems – übertragen werden.

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Mehr Platz!

Ein Feature von Windows Vista wird vor allem die Festplattenindustrie erfreuen – One Click Install. Wie schon von Javas Webstart eventuell bekannt, verbirgt sich hinter diesem Namen die Möglichkeit, Anwendungen durch den Klick auf den Link einer Webseite zu installieren. Wurden früher Overlays und Dynamic Link Librarys (DLLs) dazu verwendet, um Code zwischen Anwendungen zu teilen und mit den Ressourcen des Systems sparsam umzugehen, so bringt jetzt jede moderne Applikation alle für sie notwendigen Ressourcen mit – damit könne bestimmte Teile mehr als einmal auf dem Rechner vorkommen. Damit vermeidet man zwar die gefürchteten Versionskonflikte, benötigt dafür aber deutlich mehr Platz.

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Kein Admin notwendig

Nach ersten zaghaften Versuchen in Windows NT 4.0, 2000 und Windows XP soll es nun mit Windows Vista endlich möglich sein, Programme laufen zu lassen, ohne dass der Benutzer dafür Administratorrechte auf dem Rechner benötigt, wie das bisher etwa für Microsoft Office oder Age of Empires notwendig war. Natürlich funktioniert das nur mit Anwendungen, die auf dieses neue Feature eingerichtet sind – also etwa Office 12 (Office Vista, oder doch Office Hasta?). Den "Admin-less IE" wird es übrigens nur für Vista geben, nicht für XP.

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Reif für den Unternehmenseinsatz?

Ein Konzept, welches Microsoft mit Windows Vista und der Avalon-Technologie forcieren will, ist das der prozessorientierten Anwendungen. Programme sollen Geschäftsprozesse nachbilden und dabei auch das "klassische" Layout einer Windows-Applikation hinter sich lassen. Mit Vista werden auch Skins, bunte Grafiken und individuelle Elementanordnungen Einzug in die Geschäftswelt finden. Ob sich die Helpdesk dann freuen werden, wenn die Anwender anrufen und sagen, dass sie der Finanzbuchhaltung einen neune Skin gegeben haben und sie nun den Speicher-Button nicht mehr finden, weil dieser nicht mehr rechts unten ist?

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Clear Confident Connected

Diese drei Worte haben "Windows Vista" bei der Namenspräsentation begleitet. Connected ist wohl noch die korrekteste Bezeichnung. Obwohl Don Box Team Indigo angeblich mehrmals komplett umgebaut hat, ist dieser Teil sicherlich der für den Enduser "langweiligste", dafür aber für Entwickler und Dritthersteller interessanteste Teil von Vista, der auch seinen Weg in XP finden wird. Confident kann man sein, dass sich in Sachen Sicherheit wieder einiges getan hat. Confident kann man aber auch sein, dass sich trotzdem wieder Sicherheitsprobleme zeigen werden. Clear ist momentan vieles noch nicht. Ob sich die bunten, flashigen und animierten Anwendungen, die man mit Avalon bauen kann, beim Kunden wirklich durchsetzen werden, wird man erst sehen, wenn Windows Vista ausgeliefert wird.

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Fazit

Den genauen Durchblick, was Vista nun genau können und wann es auf den Markt kommen wird, hat noch niemand. Mehr Details wird es Anhand der Beta 1 und Anfang September auf der nächsten PDC geben. Sätestens dann wird sich weisen, ob die Sanskrit-Übersetzung "Exkrement", welche die Kollegen von "The Inquirer" ausgegraben haben, oder Microsofts Interpretation "Blick, Sicht, Perspektive" besser auf Windows Vista passen wird. (Martin Leyrer)

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