Die Frage, ob er über die Finanzen rede, jedoch den kulturellen Unterschied meine, verneinte Schüssel. Er habe bei den Gesprächen mit der Türkei im Dezember 2004 großen Wert darauf gelegt, dass die Beitrittsverhandlungen ein offener Prozess sein müssten, "der keine Garantie enthält". Darüber hinaus müsse die Aufnahmefähigkeit der Union geklärt sein, betonte der Kanzler. "Und es soll eine Alternative zum Vollbeitritt geben. Wie wir das benennen, klären wir später."
Freihandelszone tot
Die Idee einer Freihandelszone sei "heute genauso tot wie die Idee eines europäischen Superstaats", sagte Schüssel zu den Zukunftsperspektiven der EU. Auch London wolle von Europa mehr als nur eine Freihandelszone. In Zeiten eines auf allen Kontinenten operierenden Terrornetzwerks könne kein Land mehr allein den modernen Bedrohungen standhalten. "Wir dürfen nichts wegreden und nicht wegschauen. In Europa gibt es heute 100 oder 200 Terrorzellen, die jederzeit zuschlagen können. Nur mit internationaler Zusammenarbeit kann man dieser Netzwerke Herr werden. Wir müssen ergründen, wo die Finanzmittel dafür herkommen, wer in Trainingslagern war, woher der Sprengstoff kommt. All das kann nur auf europäischer Ebene geschehen."
"Uralte Erfahrungen" in Österreich
Bei der Bekämpfung des Terrors sei "beinharte Polizeiarbeit", aber auch die Mitarbeit der islamischen Gemeinschaften in den jeweiligen Ländern entscheidend. Österreich habe da "uralte Erfahrungen", merkte Schüssel an. "Seit 1908, als Bosnien in die k. u. k. Monarchie integriert wurde, ist die islamische Gemeinschaft anderen Religionsgruppen rechtlich gleichgestellt. Der österreichische Staat bezahlt die Religionslehrer. Dafür bestehen wir aber darauf, die Unterrichtsinhalte zu kontrollieren. Sie müssen kompatibel mit unseren Vorstellungen von Toleranz, Rechtstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit sein."