Brüssel/Wien - Der EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sieht durch die Zusatzerklärung der Türkei, dass Ankara die Republik Zypern weiterhin nicht anerkennt, die Aufnahme von Beitrittsgesprächen am 3. Oktober vorerst nicht gefährdet. Rehn ließ am Montag eine Erklärung verbreiten, "dass die Deklaration die Verpflichtung der Türkei, das Protokoll in Kraft zu setzen, nicht infrage stellt".

Die Türkei hat zwar das Protokoll zur Ausdehnung der Zollunion auf die zehn neuen EU-Staaten unterschrieben. Da dies Brüssel aber als De-facto-Anerkennung Zyperns interpretiert hatte, hatte Ankara in einer Zusatzerklärung präzisiert, dass dies "in keiner Weise eine Anerkennung Zyperns" bedeute. Der Nordteil Zyperns ist türkisch besetzt und international nicht als Staat anerkannt, der Süden seit 1. Mai 2004 EU-Mitglied.

Ob diese Einschränkung tatsächlich keine Auswirkungen auf den für 3. Oktober geplanten Beginn der Beitrittsgespräche der EU mit der Türkei haben wird, sollen Rechtsgutachten im Auftrag der EU-Kommission und der Ratspräsidentschaft zeigen. Nach Angaben eines Kommissionssprechers soll nächste Woche ein Gutachten vorliegen.

Nein von Gorbach

Seine Meinung dazu hat sich der österreichische Vizekanzler Hubert Gorbach schon gebildet: "Wenn die Türkei Zypern als vollwertiges Mitglied der Europäischen Union mit seinen völkerrechtlich festgelegten Grenzen nicht anerkennt, wird ein Vollbeitritt nicht möglich sein", so Gorbach. "Ich teile daher nicht die Meinung, dass mit der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zur Zollunion, samt der unilateralen Zusatzklausel, alle Hindernisse für Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus dem Weg geräumt sind."

Es liegt auch noch kein Verhandlungsmandat vor. Die EU-Außenminister wollen in den ersten Septembertagen erneut darüber beraten. Zuletzt hatten Zypern, Frankreich und Österreich Vorbehalte gegen eine EU-Vollmitgliedschaft der Türkei angemeldet. (afs/DER STANDARD, Printausgabe, 2.8.2005)