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Wer als Europäer in Japan auf Reisen ist,

begreift sehr gut die Frustration, die sich breit macht, wenn man sich seinem Gegenüber nicht mitteilen kann. Aber die Mühen des relativ behüteten Touristen in der Ferne sind klein im Vergleich zu den Frustrationen gehörloser Menschen, die sich auch daheim wie Reisende in einem fremden Land fühlen müssen. Diese Sprachbarriere zwischen Sprechenden und Gehörlosen überwindet eines der prämierten Projekte beim diesjährigen Microsoft Imagine Cup, dem internationalen IT-Nachwuchswettbewerb des Softwarekonzerns.

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"Sign2Talk"

wurde von vier Studentinnen und Studenten der Aristoteles-Universität Thessaloniki entwickelt und bewirkt ein kleines Wunder: Es verwandelt Zeichen der "American Sign Language" (ASL) - eine relativ universelle Gebärdensprache, die gehörlosen Menschen quasi Muttersprache ist - in gesprochene oder geschriebene Sprache.
Dazu werden am Arm Sensoren befestigt, ein "Accelerometer" erfasst die dreidimensionale Bewegung des Arms und begreift sie als Wort; ein PocketPC übernimmt Analyse sowie Übersetzung und "spricht" den entsprechenden Satz. Die Übersetzung funktioniert auch in umgekehrter Richtung: Gesprochene Sprache wird als Gebärde am Bildschirm wiedergegeben - nützlich zum Beispiel bei Vorträgen oder im Klassenzimmer. "Es gibt Situationen, wo die Gegenwart eines Übersetzers nicht möglich oder nicht angenehm ist", beschreibt eine der griechischen Studentinnen die Motivation, die ihrer Entwicklung zugrunde liegt.

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17.000 Studenten

Für "Sign2Talk" erhielt das griechische Team den zweiten Platz in der Kategorie "Software Design" des Microsoft Imagine Cup 05. "Stell dir eine Welt vor, in der Technologie Grenzen überwindet" war das Thema des internationalen Wettbewerbs, an dem sich heuer 17.000 Studenten aus über 90 Ländern beteiligten. Wie berichtet haben es drei Österreicher in die Endrunde nach Yokohama geschafft.

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Österreicher vorne

In einem 24-Stunden-Marathon (zwei Rauchpausen, Sushi am Arbeitsplatz) erkämpfte sich der Wiener TU-Absolvent Andreas Tomek in der Kategorie "Information Technology" den dritten Platz. In dem Wettrennen war nach einem simulierten EDV-Desaster eine komplette IT-Infrastruktur neu aufzubauen und dabei gegen laufende Hackerattacken zu verteidigen. Das Software-Design-Team der beiden Studenten Ralph Zlabinger und Alexander Duggleby, die ein medizinisches Notfallsystem entwickelten ("Gecco"), schaffte es in Yokohama hingegen nicht auf einen "Stockerlplatz". Preise wurden in neun Kategorien vergeben, nebst IT-Struktur und Software-Design für Algorithmen (die mathematischen Bausteine von Programmen), Rendering (die Kunst, aus geometrischen Formen in Echtzeit realistische Bilder und Umwelten darzustellen), Web Development, Entwicklung von Geschäftsplänen im Technologiebereich, Visual Gaming, Office Designer, und digital produzierte Kurzfilme.

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Mit Musik spielte sich

das russische Team "OmniMusic" auf den ersten Platz bei Software Design. Die vier Studenten zweier Moskauer Universitäten entwickelten eine Art virtuelles Studio, das es Musikern an getrennten Orten erlaubt, gemeinsam zu musizieren: Der Ton der Instrumente und das Bild der anderen Musiker wird über Internet übertragen. Das klingt in Anbetracht von Online-Multimedia trivial, ist aber eine technisch höchst herausfordernde Aufgabe: Denn die "Latenzzeit" (Verzögerung) bei der Übertragung darf höchstens 50 Millisekunden betragen - sonst ist gemeinsames Musizieren nicht möglich. Zum Vergleich: Der Abstand zwischen Dirigent und den letzten Reihen eines großen Orchesters beträgt 40 Millisekunden, bei Lippensynchronisation liegt dies bei 80, bei guten IP-Telefonverbindungen bei 150 Millisekunden. "Technologie ist wie Musik und Mathematik eine universelle Sprache", sagt Morris Sim von Microsoft, dessen "Kind" der Imagine Cup ist. Teilnehmer und Gewinner kommen aus allen Ecken der Welt, nicht nur aus Industriestaaten. Unter den Gewinnern sind besonders viele aus "Tigerstaaten" und "Emerging Markets". Morris: "Wenn man sieht, wie sich die jungen Leute über ihre Sprachgrenzen hinweg durch Technologie austauschen können, dann ist das die Seele unseres Unternehmens. Wir wollen so die Begeisterung für Technologie, die Probleme lösen kann, am Leben halten."(Helmut Spudich aus Yokohama/DER STANDARD, Printausgabe vom 2.8.2005)

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