Straßburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Türkei verurteilt, weil sie eine Frau wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe mehr als sieben Jahre in Untersuchungshaft festgehalten hatte. Die Straßburger Richter sahen es in ihrem am Dienstag verkündeten Urteil als erwiesen an, dass Ankara gegen Artikel 5 Absatz 3 der europäischen Menschenrechtskonvention verstieß, welcher das Recht auf Freiheit und Sicherheit garantiert und den Betroffenen bei Verletzung der Regelungen Schadenersatz zuspricht. Das Gericht verurteilte die Türkei zu 6.600 Euro Schadenersatz. Sadegül Özdemir war im November 1992 unter dem Verdacht verhaftet worden, der verbotenen TKP/ML-TIKKO (Kommunistische/Marxistisch-leninistische Partei - Befreiungsarmee der türkischen Arbeiter und Bauern) anzugehören. Sie war damals im siebten Monat schwanger und bekam ihr Kind in der Untersuchungshaft. Im Juni 2000 wurde sie zu 32 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, weil sie an einem bewaffneten Raubüberfall teilgenommen haben soll. Ein Berufungsgericht entkräftete die Vorwürfe und verwies den Fall an das Staatssicherheitsgericht; das Verfahren ist noch anhängig. Im Dezember 2001 wurde Özdemir vorläufig aus der Haft entlassen. (APA)