Wien - Eine Sommer-Opernproduktion, die in Wien mit berühmten Arien verschiedener Komponisten eine Handlung um einen guten Prinz, schöne Frauen und fiese Bösewichte auf die Bühne bringen wollte, hat unversehens selber opernreife Dramatik erlangt: Das Team der "Schlossoper" "Leonora" ist laut Angaben des Regisseurs Wolfgang Ritzberger einem mutmaßlich gewerbsmäßigen Betrüger aufgesessen, der nun untergetaucht ist.

Auf rund 420.000 Euro beziffert die Kriminalpolizei am Mittwochnachmittag in einer Aussendung den Schaden, den der mutmaßliche Betrüger Peter W. beim "Leonora"-Ensemble und, damit zusammen hängend, weiteren Firmen verursacht hat. Der Unterstandslose werde seit April 2004 mittels Haftbefehls gesucht. Die Kripo erbittet Hinweise unter der Telefonnummer (01)31310/62800.

Seit dem Termin für die Generalprobe der Produktion, die am Dienstag im Garten des Palais Schwarzenberg hätte laufen sollen, ist der Verdächtige abgängig. Bei der Generalprobe hätte das Orchester die Bezahlung für die Probezeit erhalten sollen. Die für Mittwoch geplante Premiere wurde abgesagt, die Kriminalpolizei eingeschaltet. Das Team sucht nun eine Möglichkeit, die Oper doch noch zu zeigen, und will das Bild des Verdächtigen auf die Homepage stellen.

Ein Countertenor namens Kafka, ...

Der unter dem falschen Namen Peter Kafka aufgetretene und sich als Münchner Countertenor ausgebende Verdächtige habe offenbar bereits in Salzburg und München ähnliche Delikte begangen, für die er gesucht werde, und auch schon im Gefängnis gesessen, so Ritzberger. Bei der "Leonora"-Produktion hat er vorgeblich als Intendant der "Opernfestspiele Liechtenstein" und Hauptrollen-Sänger fungiert.

Nicht nur das Orchester, das Regieteam und die Sänger stehen nach dem Abtauchen des Verdächtigen offenbar ohne Gage da, auch weitere Geschädigte haben Ansprüche: "Die Liste der Geschädigten ist endlos", sagte Ritzberger. Über mehrere Anzahlungen habe der Verdächtige gefälschte Bankbelege präsentiert, darunter eine an das Palais Schwarzenberg für Mietkosten in der Höhe von 15.000 Euro. Der Schaden bedeutet eine hohe Summe an Verbindlichkeiten für eine Sommer-Opernproduktion, deren Finanzierbarkeit im Team auch schon vor dem Auffliegen des Betrugs angezweifelt worden war.

"Er hat uns ständig erklärt, Geld ist kein Problem", so Ritzberger. Der Verdächtige habe betont, einen Sponsor an der Angel zu haben. Wo der konkrete Nutzen der Aktion - etwa die Fälschung von Anzahlungen oder leere Gagenversprechungen - jedoch für den Verdächtigen gelegen sein könnte, weiß Ritzberger nicht. "Das fragt sich auch die Kriminalpolizei." Ritzberger mutmaßte, dass sich der Verdächtige entweder Sponsorengelder oder Einnahmen aus den Kartenvorverkäufen einstreifen wollte.

... der "auch nicht singen kann"

Man habe den vermeintlichen Intendanten in der Entstehungsphase der Zusammenarbeit "oberflächlich überprüft", schilderte der Regisseur. Er habe sich als Countertenor vorgestellt, der einige Jahre nicht gesungen hatte und nun Auftrittsmöglichkeiten suche, so Ritzberger. "Das klingt ja nicht unwahrscheinlich". Während der Proben hätten einige Musiker dann jedoch bemerkt, dass der Verdächtige "auch nicht singen kann", sagte Ritzberger. Doch u.a. das Renommee der Probestätten - u.a. Musikverein und Konzerthaus - oder der Aufwand der vom Verdächtigen in Auftrag gegebenen Kostüme hätten den Zweifeln entgegen gewirkt.

Erst als keine Zahlungen einlangten, habe man Verdacht geschöpft. "Er ist ein Profi und hat sein Verhalten und seine Aussagen gegenüber jedem von uns geschickt dosiert", sagt Ritzberger, der "schon lange im Geschäft" und nun "völlig von den Socken" ist. "Die einzige, die Misstrauen hatte, war meine Frau. Und ich muss mir jetzt jeden Tag anhören, dass sie Recht gehabt hat." (APA)