Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: apa
Toronto - Als das Flugzeug nach mehreren Warteschleifen wegen des schlechten Wetters endlich landet, applaudieren die Passagiere des Air-France-Flugs 358 aus Paris. Auf ihrem Weg nach Toronto haben sie einige Furcht erregende Augenblicke erlebt - so gingen offenbar wegen einer Strompanne in der Kabine alle Lichter aus. Doch Sekunden später weicht die Erleichterung der Todesangst: Die A340 rutscht über die Landebahn in Toronto hinaus und fängt Feuer.

"Alles ging so schnell - es war ein bisschen wie im Film", berichtet Gwen Dunlop, die das Unglück wie die anderen 296 Passagiere und zwölf Besatzungsmitglieder wie durch ein Wunder überlebt. Laut Air France gibt es nur Leichtverletzte, als die Reisenden das brennende Flugzeug verlassen. "Auf einmal war die Tragfläche weg. Die Sauerstoffmasken kamen nicht herunter, das Flugzeug füllte sich mit Rauch."

Eine Flugbegleiterin habe versucht, die Passagiere zu beruhigen und gesagt, dass alles ok sei, berichtet Dunlop weiter: "Und dabei stand das Flugzeug in Flammen und Rauch drang ein." Die Besatzung sei offenbar nicht gut vorbereitet gewesen, meint die Gerettete. Einige Passagiere hätten den Jet über Notrutschen verlassen, andere seien einfach gesprungen.

Angst, dass der Jet explodiert

Der Airbus schliddert bei seiner Bruchlandung in einen Graben nahe des Highways 401, der meistbefahrenen Autobahn in Kanada. Im strömenden Regen krabbeln die Passagiere den Graben hinauf, suchen Deckung unter einer nahen Brücke. Sie haben Angst, dass der vierstrahlige Jet explodiert. "Wir versuchten alle, den Hügel raufzukommen. Alles war matschig und wir haben unsere Schuhe verloren. Wir sind einfach nur gekrabbelt", berichtet Dunlop. Auch Kinder seien dabei gewesen.

Autos bleiben stehen, um Verunglückte aufzunehmen oder ihnen einfach einen Schirm anzubieten. Viele Reisende haben Kleidungsstücke verloren.

Vorahnung

Das erste Hinweis, dass etwas schief laufen könnte, kommt ein paar Minuten vor der Landung, als der erfahrene 57 Jahre alte Pilot wegen heftigen Winds, Regens und Blitzen den ersten Landeanflug abbricht. "Das Wetter ist zu schlecht, deshalb startet der Kapitän durch", habe eine Flugbegleiterin gesagt, berichtet der Passagier Ahmed Alawata. Dann kommt die Dunkelheit.

Eine Minute später, beim zweiten Landeanflug auf Pearson International, gehen die Lichter aus, erinnert sich Olivier Dubois. "Kurz bevor wir den Boden berührten, war im Flugzeug alles dunkel, es gab kein Licht mehr, nichts." Als die Räder auf der Landebahn aufsetzen, klatschen die Passagiere spontan.

"Vielleicht zehn Sekunden später begann alles auseinander zu fallen. Taschen flogen umher", berichtet der 19-jährige College-Student Eddi Ho aus Südafrika. "Eine Durchsage wurde gemacht. Der Kapitän sagte: 'Alles ist in Ordnung, bleiben Sie ruhig in ihren Sitzen.' Das ist eine ziemlich verrückte Durchsage, wenn Sie mich fragen."

Panik, als das Feuer ausbrach

Zunächst seien die Leute ruhig geblieben und hätten sich in einer Reihe aufgestellt, berichtet Ho weiter. Aber als im Heck des Jets Feuer ausbrach, "stolperten die Leute übereinander weg, kletterten über die Sitze, um zum Ausgang zu kommen". Ein Flugbegleiter habe ihn aufgefordert, aus der Vordertür ohne Notrutsche dreieinhalb Meter in die Tiefe zu springen. Ho läuft zu einer zweiten Tür. Deren Notrutsche ist zwar beschädigt, aber der junge Mann nimmt sie dennoch.

"Ich sprang und fiel auf einige Leute", schildert er seine dramatische Rettung. "Einige Menschen haben sich Arme oder Beine gebrochen." "Alle waren in Panik", sagt Olivier Dubois, der im hinteren Teil der Maschine saß. "Jeder hatte riesige Angst, dass der Airbus explodieren könnte."

Auseinander gebrochen

Zunächst sei der Airbus "normal" gelandet, berichtete Corey Marks, der das Unglück von der nahe gelegenen Autobahn aus beobachtet hatte. "Es wurde richtig dunkel, plötzlich hat es geblitzt, und sehr viel Regen kam herunter." Die Maschine sei geradeaus in eine Senke gerast und auseinander gebrochen. "Binnen Sekunden" seien Flammen hochgeschossen.

Passagier Gilles Medioni sagte, der Pilot habe während des Fluges wetterbedingt eine Verzögerung der Landung um 20 Minuten angekündigt. Als die Maschine dann landete, habe es stark geregnet. "Als wir das erste Mal aufsetzten, gab es sogar vereinzelt Applaus. Das war wohl verfrüht", berichtete der Journalist, der für das französische Wochenmagazin "L'Express" arbeitet. "Der Pilot versuchte zu bremsen, aber es gelang ihm nicht. Es hat mehrere Stöße gegeben."

Viele Menschen hätten angefangen zu schreien, als klar wurde, dass es eine Bruchlandung geben werde, sagte Medioni weiter. "Danach ging alles ganz schnell. Wir rochen Qualm und Kerosin." Er sei über eine Notrutsche im hinteren Teil des Flugzeuges nach draußen gelangt. Andere Passagiere, die über die vordere Tür den Weg nach draußen fanden, berichteten, dass sie dort springen mussten, weil es keine Rutschen gab. Passagier Olivier Dubois sagte im Fernsehsender CNN, die Leute seien in Panik gewesen und hätten geschrien, weil sie Angst gehabt hätten, dass das Flugzeug explodieren werde.

Kritik und Lob für die Crew

Einige Passagiere kritisieren das Verhalten der Besatzung, die nicht genug auf die Reisenden eingegangen sei. Andere berichten, dass die Crew beruhigend auf die Leute eingewirkt und ihren Job offenbar gut gemacht habe. Die 15 Jahre alte Lauren Langille ist mit einer Austauschschülerin auf dem Rückweg aus Frankreich. Die Flugbegleiter hätten sich ruhig und geistesgegenwärtig verhalten. "Sie haben uns angewiesen, das Flugzeug zu verlassen. Es gab viel Panik, aber die Flugbegleiter haben uns wirklich gut beruhigt."

Sie ist dankbar, mit dem Leben davon gekommen zu sein. "Ich war so froh, all die Leute zu sehen, die sich gegenseitig halfen", berichtet Lauren. "Ich genieße das Leben jetzt viel mehr und ich werde nicht mehr so viel für selbstverständlich halten." (Carolyn Thompson und Rebecca Cook,AP/AFP/dpa)