Die erste WM nach Graf - Das mindert Österreichs Chance auf ein Topresultat, dafür hat jede(r) Einzelne eine größere Chance aufzufallen - Roland Schwarzl möchte sie nützen
Redaktion
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Helsinki/Salzburg-Rif - Roland Schwarzl nimmt sich viel vor.
Neben den Hindernisläufern Günther Weidlinger und Martin Pröll ist es der Zehnkämpfer, der die Hoffnungen auf einen WM-Spitzenplatz trägt. Die Top 10 mit neuer persönlicher Bestleistung schweben ihm vor, die alte liegt bei 8102
Punkten, fixiert hat er sie vor einem Jahr als Olympiazehnter in Athen. Seit damals hat sich einiges getan im Leben
des gebürtigen Osttirolers, der in Kärnten aufwuchs und nun
in Salzburg wohnt. Er hat einen Sponsor (Intersport) und
Hallen-EM-Bronze im Siebenkampf gewonnen, war Achter
in Götzis, hat sich mit 24 Jahren bereits etabliert.
"Ich lebe", sagt der Sportsoldat Schwarzl, "vom Sport derzeit nicht so schlecht. Aber reich werd ich nicht." Im
Gegensatz zu den Spezialisten, die bei zig Meetings im
Einsatz sind, haben die Mehrkämpfer nur wenige Möglichkeiten, ihr Können zu zeigen und dafür Preis- oder gar Startgelder zu kassieren. "Was Tennisspieler verdienen können -
kein Vergleich!"
Ob der Allrounder nicht schon daran gedacht hat, sich
auf eine Disziplin zu konzentrieren? Für Schwarzl kommt
es nicht infrage. Er müsste viel Zeit opfern, dadurch würden
Förderungen ausbleiben, das wiederum würde die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Außerdem habe der
Zehnkampf "einen speziellen Reiz, ganz besonders in Österreich", wo schon Georg Werthner und Sepp Zeilbauer als
Vierter und Fünfter der Olympischen Spiele 1980 (Moskau)
für Furore sorgten. "Werthner", sagt Schwarzl, "verhilft
dem Sport als Organisator des Jedermann-Zehnkampfs immer noch zu Popularität."
Mehrkämpfer gelten gewissermaßen als verschworene
Partie, und Roland Schwarzl bestätigt, dass sich in seinem
Metier verhältnismäßig viele Freundschaften entwickeln.
Man unterstütze sich gegenseitig, im Training wie im
Wettkampf. Gespräche zum Beispiel dienen als Ablenkung
und helfen, den Stress abzubauen. Schwarzl: "Wenn man
mit einigen Menschen zwei Tage lang auf eher engem
Raum zu tun hat, entwickeln sich eigene Beziehungen. Andere jedenfalls als bei Sprintern, die zehn Sekunden lang
gegeneinander laufen."
Früher hat sich alles um Stephanie Graf gedreht, die nach
der WM 2003 in Paris zurücktrat, wo sie das 800-m-Finale
versäumte, weil ihr im Badezimmer eine Mineralwasser
flasche auf den Fuß fiel. Nun sieht Schwarzl die Chance,
sich "in den Mittelpunkt zu bringen", obwohl er weiß,
dass am Ende "nur Medaillen zählen". Seine Planung ist
jedenfalls auf große Erfolge ausgerichtet, wie seiner
Homepage zu entnehmen ist. Mittelfristig will er den ÖLV-
Rekord Gernot Kellermayrs (8320 Punkte) brechen, langfristig strebt er eine Olympiamedaille 2008 und den Olympiasieg 2012 an. "Auf Zufall basiert wenig", sagt er. "Wenn
man sich nichts vornimmt, kann man nichts gewinnen."
(DER STANDARD, Printausgabe, Donnerstag, 4. August 2005, Fritz Neumann)
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