Berlin - In Deutschland wird es vor der Bundestagswahl am 18. September zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seiner Herausfordererin Angela Merkel (CDU) nur ein TV-Duell geben. Der Regierungschef und die Kanzlerkandidatin der Union werden sich nach den am Mittwoch in Berlin getroffenen Vereinbarungen am 4. September um 20.30 Uhr für 90 Minuten gegenüberstehen. Damit hat sich die Union mit ihrer Forderung nach nur einem direkten Aufeinandertreffen durchgesetzt. Die SPD und Schröder wollten zwei Duelle.

Das Fernsehduell als Höhepunkt im Wahlkampf zur Bundestagswahl am 18. September wird nach einer Mitteilung der Sender zeitgleich von ARD, ZDF, RTL, und SAT.1 aus den Studios in Berlin-Adlershof übertragen. Moderiert wird das Streitgespräch von Sabine Christiansen (ARD), Maybrit Illner (ZDF), Peter Kloeppel (RTL) und Thomas Kausch (SAT.1). Dabei werden die Themenkomplexe jeweils paarweise - von einem Moderator der öffentlich-rechtlichen Anstalten und einem der Privatsender - angesprochen.

Kein strenges Zeit-Reglement

Sender und Parteien einigten sich außerdem darauf, dass es im Unterschied zu 2002 kein strenges Zeit-Reglement geben wird. Alle Beteiligten seien sich einig, dass das Duell möglichst lebendig und spontan verlaufen solle. Die Moderatoren sollen lediglich auf etwa gleichgewichtige Redeanteile achten.

Regierungssprecher Bela Anda sprach nach den zweistündigen Verhandlungen von einem "guten Ergebnis", das dem Interesse des Publikums gerecht werde. CDU-Verhandlungsführer Willi Hausmann meinte, das Duell biete allen Wählern die Möglichkeit, sich umfassend zu informieren. Wenn man damit alle Fragen der Bürger beantworten könne, sei ein einziges Duell die bessere Lösung.

ARD-Chefredakteur Hartmann von der Tann sagte: "Wir haben uns zwei Duelle gewünscht, aber wir akzeptieren das Ergebnis der Gespräche und machen uns jetzt an die Umsetzung." Sein ZDF-Kollege Nikolaus Brender meinte, nur ein einziges Aufeinandertreffen sei "nicht das Idealkonzept". Peter Klöppel (RTL) betonte, es werde für alle Beteiligten eine "hochinteressante Premiere".

Schröder bemängelte Selbstbewusstsein des Senders

Schröder hatte den deutschen Fernsehanstalten wenige Stunden vor der Entscheidung indirekt vorgehalten, nicht mit genügend Nachdruck auf die Ausstrahlung von zwei TV-Duellen vor der Bundestagswahl zu dringen. Es sei auch eine Frage des Selbstbewusstsein der Sender, wer darüber bestimme, wie die Öffentlichkeit über politische Positionen informiert werde. Schröder erinnerte an das enorme Interesse mit je rund 15 Millionen Zuschauern, das die beiden TV-Duelle mit seinem damaligen Unions-Herausforderer Edmund Stoiber vor drei Jahren ausgelöst habe.

Das Einlenken von Regierung und SPD hatte Anda bereits vor den Verhandlungen angedeutet: "Wenn Frau Merkel weder Zeit noch Mut hat, sich zwei TV-Duellen zu stellen, dann soll es eines sein." Die CDU beharrte auf ihrer seit Wochen bekannten Position und bot lediglich zwei alternative Termine an. "Wir haben einen kurzen, knappen, kompakten Wahlkampf", sagte CDU-Generalsekretär Volker Kauder im.ZDF. Ein TV-Duell reiche aus, "um alle Fragen zu besprechen".

Forscher zweifeln an direkter Auswirkung von TV-Duellen

Bei TV-Duellen von Spitzenkandidaten hat die anschließende Berichterstattung laut einer Studie einen weit größeren Einfluss auf den Ausgang von Wahlen als das Rededuell selber. Zu diesem Ergebnis kommt ein gemeinsames Forschungsprojekt des deutschen Allensbach-Instituts und der Universitäten Dresden und Mainz, das am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

2002 habe man nach dem ersten Duell zwischen Gerhard Schröder (SPD) und Edmund Stoiber (CSU) die selben Menschen sowohl kurz nach der Sendung als auch wenige Tage später gefragt, welcher Politiker gewonnen habe, erklärte der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Donsbach von der Technischen Universität Dresden. Dabei hätten 35 Prozent innerhalb weniger Tage ihre Meinung geändert - vor allem zu Ungunsten von Stoiber. Zur Begründung verwies Donsbach auf die anschließenden Analysen in den Medien.

Hans Mathias Kepplinger, Publizist von der Universität Mainz, mutmaßte, von ein oder zwei TV-Duellen in diesem Jahr würde vor allem die SPD profitieren. Alle wichtigen Themen - von der Arbeitslosigkeit bis zu Staatsverschuldung - sprächen derzeit gegen die Regierung, erklärte Kepplinger. Durch die Fernsehduelle und deren Analyse rückten diese Sachthemen aber für mehrere Wochen in den Hintergrund. (APA/dpa)