Der italienische Bankenkrimi wird laufend spannender: Mailänder Richter haben Gianpiero Fiorani, Chef der Banca Popolare Italiana (BPI), samt Vize, Gianfranco Boni, für zwei Monate suspendiert. "Eine derart drastische Maßnahme bedarf schwer wiegender Beweise", so wird das Berufsverbot in Mailänder Justizkreisen kommentiert.

Der BPI-Chef und seine Partner in der Übernahmeschlacht um Antonveneta werden der "Finanz-Piraterie" verdächtigt. Das Antonveneta-Aktienpaket von BPI und deren Verbündeten bleibt vorerst beschlagnahmt. Mehrere in die Übernahmeschlacht verwickelte Immobilien-und Finanzunternehmer wurden ebenfalls in Zwangsurlaub geschickt.

Die Banca Popolare Italiana habe im Bieterkampf um die Antonveneta ihren Konkurrenten, die niederländische Abn Amro in die Enge getrieben. Bei der Übernahmeschlacht soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Fiorani und seine Freunde stehen im Verdacht, falsche Unternehmensmitteilungen weitergeleitet, die Arbeiten der Börsenaufsicht verhindert und Kursmanipulation betrieben zu haben. Auch wegen Insiderhandel wird ermittelt.

Zentralbankchef in Affäre verwickelt

In die Bankaffäre ist auch Zentralbankchef Antonio Fazio verwickelt. Fazio wird vorgeworfen, Komplize der Finanzpiraten gewesen zu sein. Aus den abgehörten Gesprächen gehe deutlich hervor, dass Fazio das Übernahmeangebot der Banca Popolare Italiana gegenüber den Holländern bevorzugt habe. Damit hat er sein Schiedsrichteramt als Aufseher des Bankwesens vernachlässigt.

Die Gründe für Fazios Handeln sind unklar. Patriotismus wird vermutet, aber auch familiäre Gründe könnten eine Rolle spielen: Fazios Tochter wird ein Verhältnis mit Gianpietro Fiorani nachgesagt. Sicher sei, dass die BPI nicht die Voraussetzungen für ein entsprechendes Übernahmeangebot hatte. Ihre Eigenkapitalquote entsprach nicht den Vorgaben. Die Zentralbank und die Börsenaufsicht haben zu Wochenbeginn die BPI-Übernahme blockiert.

Berlusconi stützt Fazio

Obwohl Rufe nach Fazios Rücktritt immer lauter werden, verharrt dieser vorerst in seiner Position. "Ich habe nach den Regeln gehandelt", versuchte sich Fazio zu rechtfertigen. Er wird von Regierungschef Silvio Berlusconi unterstützt.

Diesem sei daran gelegen, den Status quo vorerst aufrecht zu erhalten. Einzig die Bestimmung, dass Italiens Zentralbankchef auf Lebzeiten amtieren darf, soll verändert werden. So könnte der 69-jährige Fazio 2006 ohne viel Aufhebens zu machen in Pension gehen.

Inzwischen bangen Italiens Finanzkreise um die Zukunft der beiden Banken Antonveneta und BPI. An Antonveneta könnten ABN Amro, die bereits 29,5 Prozent des Kapitals kontrolliert, interessiert bleiben. Und für BPI soll es bereits Interessenten geben: Banca Intesa und die Volksbank von Verona-Novara. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 04.08.2005)