Wien/London/Frankfurt - Umbruch in der medikamentösen Nachbehandlung von Patientinnen mit einem Mammakarzinom, das auf das weibliche Geschlechtshormon Östrogen als Wachstumsfaktor angewiesen ist: Der Wechsel vom bisher verwendeten Antiöstrogen Tamoxifen zu einem neueren Medikament (Anastrozol), das als Hemmer von Aromatase-Enzymen die körpereigene Produktion von Östrogen bremst, führt zu einer Senkung der Rückfallsrate um 40 Prozent und der Häufigkeit von Fernmetastasen um 50 Prozent. Das hat eine österreichisch-deutsche Studiengruppe unter Führung von Wiener Medizinern mit Univ.-Prof. Dr. Raimund Jakesz jetzt bewiesen.

"Obwohl weitere Studien notwendig sind, um die ideale Abfolge und die Dauer einer adjuvanten Hormontherapie zu bestimmen, zeigt diese Analyse, dass Frauen, die nach dem Wechsel Tamoxifen als unterstützende Behandlung (nach einer Brustkrebs-Operation, Anm.) bekommen, nach zwei Jahren auf Anastrozol umgestellt werden sollten", sagte Jakesz, Chef der Abteilung für Allgemeinchirurgie an der Wiener Universitätsklinik am AKH, aus Anlass der Publikation der Studie in der neuesten Ausgabe der britischen Medizin-Fachzeitschrift "The Lancet" (5. August).

Tamoxifen

In den vergangenen 20 Jahren hat sich Tamoxifen als medikamentöse Nachbehandlung bei hormon-abhängigem Brustkrebs durchgesetzt. Zumeist erfolgt das fünf Jahre lang. Doch während Tamoxifen die Wirkung von Östrogenen auf das Brustgewebe hemmt, wurden in den vergangenen Jahren mit Aromatase-Blockern Wirkstoffe entwickelt, die an einem früheren Punkt ansetzen: Sie blockieren schon die körpereigene Synthese dieser Stoffe zu bis zu 99 Prozent.

Die österreichische Forschungsgruppe in Sachen Brust- und Darmkrebs (ABCSG - Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group) unter Jakesz und ein deutsches Wissenschafterteam um Univ.-Prof. Dr. M. Seifert (Universität Frankfurt) führten zur Abklärung des Unterschiedes zwei fast idente Studien durch, deren zusammengefasste Daten jetzt analysiert wurden. 3.224 Patientinnen mit Brustkrebs im Alter bis zu 80 bzw. 75 Jahren mit hormonabhängigen Brustkrebs bekamen nach der Operation zunächst zwei Jahre lang pro Tag 20 oder 30 Milligramm Tamoxifen. Dann wurden 1.618 auf pro Tag ein Milligramm des Aromatasehemmers Anastrozol (AstraZeneca) für weitere drei Jahre umgestellt.

Ergebnisse

Die Wissenschafter: "Nach einer durchschnittlichen Beobachtungsdauer von 28 Monaten beobachteten wir einen Rückgang der Rückfallsrate in der Anastrozol-Gruppe im Vergleich zur Tamoxifen-Gruppe um 40 Prozent (67 statt 110 neuerlich auftauchende Tumoren, Anm.)." Das war statistisch hoch signifikant. Allerdings zeigte sich unter Anastrozol als Nebenwirkung signifikant mehr Knochenbrüche durch Osteoporose. Dieses Risiko kann allerdings durch einfach einzunehmende Medikamente ausgeglichen werden.

In der Anastrozol-Gruppe kam es hingegen zu weniger Thrombosen. Unter jenen Frauen, die Anastrozol einnahmen, gab es auch um 54 Prozent weniger Fernmetastasen. Das heißt, dass sich an anderen Organen wesentlich seltener Tochtergeschwülste des ersten Tumors bildeten. Die österreichischen Wissenschafter haben ihre Ergebnisse bereits im Dezember vergangenen Jahres beim amerikanischen Brustkrebskongress in San Antonio präsentiert. (APA/AP)