Forschung & Geschlecht
Altersgemischte Kindergruppen
Alternative zur "normalen Kindergartengruppe"
Wien - Frauen, die nach der Karenz ihr Kind nicht in einer Krippe
sondern bereits im Kindergarten betreuen lassen wollen, können ihren
Nachwuchs in immer mehr Kindergruppen unterbringen, die Gschrapen
bereits ab eineinhalb Jahren aufnehmen.
"Kinder zwischen eineinhalb und sechs Jahren, die in einer
familienähnlichen Gruppe mit maximal 20 Kindern aufwachsen und von drei
Betreuern umsorgt werden." So skizziert Monika Riha, pädagogische
Leiterin des Vereins Kinder in Wien (KIWI) das Kinderbetreuungsmodell
der Zukunft.
Während die "normale Kindergartengruppe" heute durchschnittlich 25 Drei-
bis Sechsjährige umfasst und von zwei Betreuerinnen geführt wird, puscht
KiWi seit zwei Jahren auch dieses weitergreifendere Betreuungsmodell.
Jetzt liegen die ersten Erfahrungsberichte des - wissenschaftlich
begleiteten - Projektes vor.
Geschwistererfahrung
Eingewöhnung leichter
Das positive Resümee der gemeinsamen Betreuung von Eineinhalb- bis
Sechsjährigen in Kleingruppen: Die oft schwierige Eingewöhnungsphase
werde problemloser, da jedes Jahr weniger Kinder in die bestehende
kleinere Gruppe einsteigen. Bezugspersonen und Freunde blieben außerdem
über einen längeren Zeitraum stabil. In den altersgemischten Gruppen
kann zugleich die wichtige - sonst oftmals fehlende -
Geschwistererfahrung gesammelt werden.
Mehr soziale Kompetenz
Zudem haben die Pädagogen eine beschleunigte psychosoziale Entwicklung
der Kinder festgestellt. Die "Großen" würden mehr soziale Kompetenz
entwickeln, die "Kleinen" sowohl im motorischen als auch im sozialen
Bereich schneller lernen.
Bei diesem Modell arbeiten die Kindergärtnerinnen aber auch
gruppenübergreifend. Alle "Großen" gehen dann etwa miteinander ins
Museum, während alle Jüngeren Bewegungsanimation erleben. Durch das
intensive unterstützende Miteinander sei auch der Aggressionspegel viel
niedriger als sonst, so KiWi.
Zudem könnten auch Kinder mit Entwicklungsrückständen in solchen neuen
Gruppenmodellen leichter integriert werden, weil sie viel weniger mit
Gleichaltrigen konkurrieren müssen, führt Riha im Gespräch weiter aus. Die KiWi-Erfahrungswerte decken sich jedenfalls mit
den Erfahrungen von KindergartenpädagogInnen in Deutschland, wo
derartige Modelle bereits seit den 80er-Jahren erfolgreich praktiziert
werden. Dort ist man mittlerweile allerdings noch einen Schritt
weitergegangen, indem man sogar Kinder von Eineinhalb bis zehn Jahren
gemeinsam betreut.
Warum diese neuen Wege beschritten werden, begründet KiWi mit den sich
ändernden gesellschaftlichen Bedingungen. So wachsen immer weniger
Kinder in Geschwisterkonstellationen mit breit gestreuter Altersstruktur
und immer mehr mit nur einem Elternteil auf.
Auch das weitere Umfeld der Kinder verändere sich immer mehr zum
Negativen. Räume, in denen Kinder in ihrem natürlichen
Lebenszusammenhang altersübergreifende Erfahrungen machen können, werden
immer seltener.
(Monika Bachhofer)