Wien - Die Grünen ließen am Freitag mit der Forderung nach einer Sondersitzung des Nationalrates aufhorchen. Parteivizechefin Eva Glawischnig forderte bei einer Pressekonferenz am Freitag ÖVP und SPÖ auf, eine Sondersitzung einzuberufen, um "möglichst rasch" ein Maßnahmenpaket gegen die "dramatischen, Besorgnis erregenden und erschreckenden" Arbeitsmarktdaten schnüren zu können.

Ähnlich wie bei der Hochwasserhilfe 2002 sei es nun im August noch notwendig, sich auf Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit zu einigen, so Glawischnig am Freitag. Die nächste Plenarsitzung ist erst am 28. und 29. September, und das ist Glawischnig zu spät. "Man kann diese zwei Monate nützen, um jetzt schon Nägel mit Köpfen zu machen." Schließlich könnten die rund 300.000 arbeitslosen Menschen (inklusive Pensionsvorschussbezieher und Schulungsteilnehmer) derzeit auch keinen Urlaub machen, weil sie auf Arbeitssuche sind, gab die Abgeordnete zu bedenken.

Unterstützung von der SPÖ

SPÖ-Klubobmann Josef Cap, der sich am Vormittag zu der Idee noch abwartend geäußert hatte, unterstützte am Nachmittag in einer Aussendung die Forderung. Er begründete dies mit der "wirklich katastrophalen Situation am Arbeitsmarkt" und der Sorge, dass die Regierung mit der Präsentation ihres "Beschäftigungs- und Konjunkturpakets" eine "reine Sommershow" liefere.

Der "Rekordarbeitslosigkeit" sei "dringend entgegenzusteuern", so Cap. Alle im Nationalrat vertretenen Parteien seien aufgefordert, im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit an einem Strang zu ziehen.

ÖVP: "Übliches Sommergeplänkel"

ÖVP-Budgetsprecher Günter Stummvoll bezeichnete den Vorstoß der Oppositionsparteien als "übliches Sommergeplänkel". Auch die Vorschläge der Grünen für ein Maßnahmenpaket seien mehr als entbehrlich, urteilte der Abgeordnete in einer Aussendung am Freitag. Schließlich habe die Regierung seit 2000 jedes Jahr Initiativen für Arbeit und Beschäftigung gesetzt.

Lopatka: Sondersitzung schafft keine Arbeitsplätze

Wenig Sinn sieht auch ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka in einer Nationalrats-Sondersitzung zur Arbeitsmarktsituation. Mit dieser Maßnahme werde die Opposition "keinen einzigen neuen Arbeitsplatz schaffen", so Lopatka in einer Aussendung. "Vielmehr ist zu befürchten, dass SPÖ und Grüne die Sitzung dazu missbrauchen, mit bekannter Kampfrhetorik unnötige Panikmache zu betreiben".

BZÖ redet gerne mit Opposition

BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch hingegen begrüßte die angekündigte Sondersitzung zum Thema Arbeitslosigkeit. "Die Opposition redet, wir handeln", betonte Scheuch in einer Aussendung am Freitag. Aber auch das BZÖ wird reden: "Wir diskutieren gerne mit der Opposition die von der Bundesregierung in die Wege geleiteten Wachstums- und Beschäftigungsmaßnahmen", meinte der Abgeordnete.

Mit Häme wartete Scheuch für SPÖ-Klubobmann Josef Cap auf, da dieser auf die Zurufe der Grünen angewiesen sei. "Cap mit Grün-Kollegin Glawischnig als Mastermind im Hintergrund - das ist jedenfalls eine neue Dimension der österreichischen Innenpolitik. Das schafft jedoch bestenfalls einen neuen Arbeitsplatz. Nämlich für Glawischnig als SPÖ-Konsulentin", ätzte Scheuch. Die Regierung sorge hingegen mit einem neuen Maßnahmenpaket für 15.000 neue Arbeitsplätze.

"Angekündigte Maßnahmen wirkungslos"

Die Maßnahmen, die Wirtschaftsminister Bartenstein am Montag ankündigen will, beeindrucken wiederum die Grüne Parteivizechefin nicht: Irgendetwas aus "PR-Zwecken zu präsentieren", reiche ihr nicht. Die Beschäftigungsgipfel hätten unterm Strich keinen zusätzlichen Arbeitsplatz gebracht, die angekündigten Maßnahmen seien bis dato "wirkungslos", so Glawischnig.

Das Maßnahmenpaket sollte nach Ansicht der Grünen die schon von Sozialsprecher Karl Öllinger präsentierte "Aktion 10.000" für arbeitslose Jugendliche umfassen, ein Sonderprogramm für Wiedereinsteigerinnen und die Ausweitung der Budgetmittel für Qualifizierung von Arbeitnehmern und Arbeitslosen. Glawischnig kann sich auch eine Mehrparteieneinigung vorstellen. Die Aktion 10.000 solle zu zwei Drittel vom Bund finanziert werden und Jobs im gemeinnützigen Bereichen für Jugendliche schaffen. Schon die "Aktion 8.000" - damals für Akademiker - unter dem damaligen SPÖ-Sozialminister Alfred Dallinger habe auch nachhaltige Arbeitsstellen erwirkt.

Cap: "Fünf-vor-zwölf-Aktion"

Für die SPÖ kommt die Vorstellung des Arbeitsmarkt- und Konjunkturpakets von Bund und Ländern am Montag zu spät. Es sei dies eine "fünf-vor-zwölf-Aktion", zeigte sich Klubobmann Cap am Freitag überzeugt. Diese "Sommershow" werde außerdem zu wenig sein. Kritik kam von Cap auch an der "überhasteten Art" der Organisation. So seien etwa Wien und Vorarlberg nicht eingeladen worden. "Wir erwarten, dass dies nachgeholt wird".

Dazu hieß es später aus dem Büro von Minister Bartenstein, dass die beiden Länder doch bei der Präsentation dabei sein. "Es wurde bis zur letzten Minute verhandelt, die Einladungen sind unterwegs". Im Büro von Wiens Finanzstadtrat Sepp Rieder (SPÖ) spricht man von einem "Einlenken" des Bundes. Gerechnet wird mit einem Förderungs-Paket für Wien im Ausmaß von 100 bis 120 Mio. Euro.

Beschäftigungs- und Konjunkturpaket

Wie berichtet, wollen Bund und Länder am kommenden Montag ein mehrere 100 Millionen Euro schweres Beschäftigungs- und Konjunkturpaket vorstellen. Das Gesamtvolumen ist zwar noch unklar, die bisher bekannten Daten lassen aber erste Rückschlüsse zu: So ist für Kärnten ein Volumen von 160 Mio. Euro vorgesehen, für das Burgenland sind 100 Mio. Euro veranschlagt. Direkte Bundes- und Landes-Förderungen machen dabei allerdings offenbar nur weniger als ein Drittel aus. Der Großteil entfällt auf Kredite und Kredithaftungen für Unternehmen.

Für das Burgenland sind laut einem Vereinbarungsentwurf je 15 Mio. Euro an Investitions-Förderungen durch Bund und Land vorgesehen. Die auf das Gesamtvolumen von 100 Mio. Euro fehlenden 70 Millionen sind jedoch keine direkten Förderungen, sondern Kredite und Kredithaftungen: 35 Mio. Euro an zinsgünstigen ERP-Krediten soll die austria wirtschaftsservice (die Förderbank der Republik Österreich) an burgenländische Unternehmen vergeben. Außerdem soll austria wirtschaftsservice weitere 35 Mio. Euro an Kredithaftungen übernehmen.

Noch keine Details genannt

Eine ähnliche Aufteilung ist offenbar auch für Kärnten geplant, wenn auch mit einem höheren Gesamtvolumen: Laut Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ) kommen von den insgesamt 160 Mio. Euro 25 Mio. Euro aus AMS-Mitteln des Bundes sowie 25 Mio. Euro aus dem Landesbudget. Außerdem sollen je 55 Mio. Euro von ERP-Fonds und Austria Wirtschaftsservice kommen.

Ähnliche Pakete sind auch mit den anderen Bundesländern geplant. Details will man im zuständigen Wirtschaftsministerium noch nicht nennen. (red/APA)