Kassel/Berlin - Trotz der jüngsten Rückschläge sieht der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) weiterhin Chancen für einen ständigen Sitz seines Landes im UNO-Sicherheitsrat. Nach der Entscheidung der afrikanischen Staaten müsse allerdings geprüft werden, ob für eine Einigung mehr Zeit nötig sei, sagte er am Freitag nach einer SPD-Präsidiumssitzung in Kassel.

Auf einem Sondergipfel in Addis Abeba hatte die Afrikanische Union (AU) am Vortag den Vorschlag der so genannten Vierer-Gruppe (G4), bestehend aus Deutschland, Japan, Indien und Brasilien, abgelehnt, für neue Mitglieder im Sicherheitsrat vorläufig auf ein Veto-Recht zu verzichten. Den 53 afrikanischen Ländern kommt eine Schlüsselrolle bei der UNO-Reform zu.

Einwände "ungerechtfertigt"

Schröder bedauerte, dass die USA und China den Plan der G4 zur Erweiterung des UNO-Sicherheitsrats abgelehnt haben. Die Einwände der beiden Länder nannte er "ungerechtfertigt". Ein ständiger Sitz sei schon deshalb gerechtfertigt, weil Deutschland drittgrößter Beitragszahler der Vereinten Nationen sei und seine Leistungsbereitschaft bei Friedensmissionen "ohne Wenn und Aber" zur Verfügung stelle.

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger (CDU), warf der Bundesregierung eine "völlig verfehlte Brechstangenstrategie" vor. "Das angestrebte Ziel war richtig, der bisher gegangene Weg war falsch", sagte Pflüger am Freitag in Berlin. Deutschland habe mit einer aggressiven Lobbypolitik die EU gespalten und führende Länder gegen sich aufgebracht. "Die Bundesregierung hat handwerklich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann", sagte Pflüger.

Ähnlich äußerte sich der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Werner Hoyer: "Es sieht so aus, als hätten Fischer und Schröder hoch gepokert und alles verloren. Zumindest stehen sie mit leeren Händen da", sagte er. Die Gesamtreform der UNO dürfe jetzt nicht unter dem Streit um den Sicherheitsrat leiden. "Es gibt bei den Vereinten Nationen weiß Gott wichtigere Fragen als die des deutschen Sitzes", sagte Hoyer. (APA/dpa)