Potsdam - Trotz wachsender Empörung über seine Äußerungen zu den Säuglingstötungen bei Frankfurt (Oder) lehnt der Innenminister des ostdeutschen Bundeslandes Brandenburg, Jörg Schönbohm (CDU), einen Rücktritt ab. "Natürlich trete ich nicht zurück", sagte er am Freitag in Berlin.

Zuvor hatte erstmals auch ein CDU-Politiker, der sachsen-anhaltischen Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre, Schönbohms Rücktritt gefordert. Unterdessen durchsuchte die Polizei in Frankfurt (Oder) erneut das letzte Wohnhaus der 39-jährigen Frau, die neun ihrer Babys nach der Geburt getötet haben soll.

Noch "in vielen Monaten" im Amt

Schönbohm erklärte, man werde ihn auch "in vielen Monaten" noch im Amt erleben. Der Brandenburger CDU-Chef erklärte, er habe wegen seiner Äußerungen auch keinen Streit mit CDU-Chefin Angela Merkel. Nach dem Fund der Leichen der neun Neugeborenen hatte er erklärt, wesentliche Ursachen für Gewalt in Ostdeutschland lägen in einer "von der SED erzwungenen Proletarisierung" ländlicher Gebiete der DDR. Nach Protest aus allen politischen Lagern hatte der Landesinnenminister sich am Donnerstagabend entschuldigt.

Die Empörung über Schönbohms Erklärungsversuche hielt dennoch an. "Was er dort von sich gegeben hat, ist eine Form von Pseudo-Soziologie, die eine Beleidigung für die Menschen im Osten ist", sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder. Zuvor hatten bereits der Innenexperte im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, und Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer Schönbohms Rücktritt gefordert. Der Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will aber an seinem Innenminister festhalten.

Unterdessen wurden Details aus den Vernehmungen der mutmaßlichen Täterin bei der Staatsanwaltschaft bekannt. Sabine H. habe ausgesagt, das erste getötete Kind 1988 als Sturzgeburt auf die Welt gebracht zu haben, sagte Staatsanwalt Michael Neff. Dabei wird ein Kind innerhalb kurzer Zeit mit wenigen Presswehen geboren.

Die Berliner "B.Z." berichtete unter Berufung auf einen Rechtsanwalt, der mit Sabine H. in der U-Haft gesprochen hatte, aus dem Familienleben mit dem mutmaßlichen Vater der Kinder. Sabine H., die mit ihrem mittlerweile geschiedenen Mann drei lebende Kinder hat, schilderte demzufolge, dieser sei schon bei der Geburt der ersten beiden Kinder wütend gewesen.

Beim dritten Baby sei er "ausgerastet" und habe die Mutter "gezüchtigt". Deshalb habe sie panische Angst gehabt. Ihr Verteidiger Matthias Schöneburg äußerte im AP-Gespräch Zweifel an der Unschuld des Kindsvaters. "Ich nehme an, dass der Mann von der Schwangerschaft gewusst haben muss", erklärte er.

Die Kinderleichen waren am vergangenen Sonntag in Brieskow-Finkenheerd südlich von Frankfurt (Oder) entdeckt worden. Sabine H. hat gestanden, die Kinder zwischen 1988 und 1999 zur Welt gebracht zu haben. Zu deren Tod machte sie bislang aber nur vage Angaben. (APA/AP)