Dem mit größten Kompetenzen beim Anheuern von Neo-Ikonen, Verführungs-Images, strategischen Entscheidungen und Projektabwicklungen ausgestatteten DG-Repertoirechef entschlüpft dann doch, dass Villazón bald in seinen Stall wechselt. Das kann eigentlich nicht wirklich überraschen. Er nennt dann Netrebko erwartungsgemäß als momentan bestsellende Klassiksängerin, ist stolz auf die erste Gesamt-CD und DVD der neuen Salzburger Traviata und hält sich bei Verkaufszahlen und Prognosen über Absatzsteigerungen beim Netrebko-Faktor sehr bedeckt.
Vorsicht scheint auch die Mutter der Firmenpolitikkiste zu sein. Markant geschnittene Starprofile wie Terfel, Hahn oder Lang Lang hätten an verschiedenen Punkten der Klassikwelt verschiedene Wertigkeiten, was aber nichts mit deren phänomenaler, auratischer Einmaligkeit zu tun hätte, die eben nicht durch Hype zu erzeugen sei.
In diese schmale Gruppe der handverlesenen Interpreten-Brillanten mit ganz unverwechselbarem Individualfeuer zählt auch Christian Thielemann, der fürs Haus gerade "Parsifal" einspielt. Als führender Manager des einst als olympisch geltenden Labels würde Roscic gern bestätigt sehen, dass DG eine Trendumkehr am Opern-Tonträgermarkt einleitet.