Vielleicht ist der Skandal um den Tierpark Herberstein ja gar keiner - oder er hat nicht die Ausmaße, die der steirische Landesrechnungshof und die steirischen Parteien (bis hin zu vielen Exponenten der ÖVP) im Augenblick vermuten. Genau wissen wird man das erst in etlichen Monaten, wenn der Rechnungshof einen Endbericht vorgelegt und ein Untersuchungsausschuss des Landtags das Zusammenspiel Waltraud Klasnics mit ihrer Freundin Andrea Herberstein, den anderen Landespolitikern und der Landesverwaltung rund um die Förderung des Projektes durchleuchtet hat.

Aber diese Sachfragen sind nicht entscheidend, nicht für die Bewertung der Frau Landeshauptmann und wahrscheinlich auch nicht für den Wahlausgang. Da geht es um das Offensichtliche: Jeder kann derzeit sehen, dass Klasnic außer Tritt geraten ist. Und dass sie schlecht damit umgehen kann, rundum angefeindet zu werden.

Jahrzehntelang hatte ihr geholfen, dass man sie für naiv gehalten hat: Eine kleine Verkäuferin, die später mit ihrem Mann ein Transportunternehmen aufgebaut hat und bescheiden über Gemeinderat, Bundesrat und Landtag aufgestiegen ist - bis sie, die immer ihre Freundschaften gepflegt und ihre Netzwerke aufgebaut hat, 1988 Wirtschaftslandesrätin (die erste in Österreich) und nach Josef Krainers Niederlage 1995 im Jahr 1996 Landeshauptmann geworden ist.

Keiner traut dieser Frau Böses zu - und lange traute man der 1945 geborenen Politikerin auch kaum das Gute zu, das sie zu leisten imstande war. Die Steiermark hat, dem Wandel in der obersteirischen Industrie zum Trotz, insgesamt gute Wirtschaftsdaten. Klasnic, die viele bei der Übernahme der ersten Position im Land (mit nur 2414 Stimmen Vorsprung) für eine Übergangslösung gehalten haben, ist in ihre Rolle gut hineingewachsen. Sie hat sich beim schweren Grubenunglück von Lassing vor sieben Jahren mediengerecht in der Rolle als "Landesmutter" gezeigt.

Und sie hat daraufhin die Landtagswahlen 2000 spektakulär und gegen den Bundestrend gewonnen.

Damals war Klasnic noch von einem eingespielten Team umgeben, das sich inzwischen aber verlaufen hat: Gerhard Hirschmann, damals noch ÖVP-Landesrat, tritt nun sogar gegen Klasnic an. Er profitiert, wie andere ihrer Gegner, derzeit davon, dass der Frau Landeshauptmann in den letzten Monaten kein Projekt mehr so richtig gelingen will - auch das Scheitern des Motorsportzentrums in Spielberg bei Knittelfeld ist letztlich ihr angelastet worden. Zur Causa Herberstein meinte sie: "Mein Vertrauen ist erschüttert worden." Das dürfte wahr sein und von Herzen kommen - für Klasnics politisches Überleben ist aber wichtig, das Vertrauen und die Herzen der Wähler zurückzugewinnen. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 8.8.2005)