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Foto: REUTERS/Gil Cohen Magen
Es sollte eine routinemäßige technische Abstimmung über die Modalität des Abzugs aus dem Gazastreifen werden, doch Finanzminister Benjamin Netanyahu nützte die Gelegenheit zu einem Paukenschlag: "Es gibt einen Weg, Frieden und Sicherheit zu erreichen, aber ein einseitiger Rückzug unter Feuer und ohne Gegenleistung ist nicht der Weg", hieß es in dem Rücktrittsschreiben.

Seit Premier Ariel Sharon vor bald zwei Jahren begann, nach und nach seinen Abzugsplan zu enthüllen, hatte Netanyahu immer Einwände gehabt und Bedingungen gestellt. Er war aber nach allen Kabinetts- und Parlamentsabstimmungen immer im Amt geblieben, sodass der Eindruck entstand, er habe sich mit dem Abzug abgefunden.

Mit 17 gegen fünf Stimmen hat die Regierung bewilligt, dass in der ersten Phase, die am 17. August anläuft, die drei isolierten Gaza-Siedlungen Netzarim, Kfar Darom und Morag geräumt werden sollen - jene Orte, die fast ausschließlich von religiös motivierten israelischen Siedlern bewohnt werden und wo daher der relativ hartnäckigste Widerstand zu erwarten ist.

Den Beschluss, mit dem schwierigsten Teil zu beginnen, hatte Sharon schon vor Tagen gefasst, und das Ergebnis stand von vornherein fest. Umso überraschender war der Schritt Netanyahus: "Ich bin nicht bereit", erklärte er, "bei einem Prozess Partner zu sein, der die Realität ignoriert und blind darauf hinsteuert, Gaza in eine islamische Terrorbasis zu verwandeln, die das Land bedroht".

Der jetzt 55-jährige Netanyahu war in der Vergangenheit schon Premier- und Außenminister gewesen. Es hatte als besonders geschickter Schachzug Sharons gegolten, dass er seinen Rivalen bei der Regierungsbildung 2003 überraschend zum Finanzminister ernannte und so für die Nahostpolitik bis zu einem gewissen Grad neutralisierte.

Der Rücktritt gilt als Kampfansage an den 77-jährigen Sharon für die Zeit nach dem Abzug, der nicht mehr zu verhindern sein wird. Netanyahu will sich offenbar als Held des rechten Flügels des Likud profilieren, der bei Weitem größten israelischen Partei. (DER STANDARD, Printausgabe, 08.08.2005)