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Foto: REUTERS/Punit Paranjpe/Files
Jerusalem - Israels Regierungschef Ariel Sharon, der durch den überraschenden Rücktritt von Finanzminister Benjamin Netanyahu in Bedrängnis gekommen ist, will seinen Gaza-Rückzugsplan ungeachtet des drohenden Likud-Machtkampfs durchziehen. "Dieser Rücktritt wird keine Auswirkung auf die Durchführung des Abzugsplans haben", sagte ein Mitarbeiter des Ministerpräsidenten am Montag in Jerusalem. "Es wird auch keine Verzögerung geben", fügte er hinzu. Auch auf die Wirtschaft werde sich das Ausscheiden des Ex-Premiers aus der Regierung nicht auswirken, weil der Nachfolger Ehud Olmert "im Wesentlichen die gleiche Politik" verfolgen werde.

"Unverantwortlicher Akt"

Für die israelische Presse hat sich Netanyahu, der im Gaza-Abzug einen "unverantwortlichen Akt" sieht, mit seinem spektakulären Schritt für die Likud-Spitzenkandidatur bei den nächsten Parlamentswahlen positioniert, die im November 2006 fällig wären, aber mit großer Wahrscheinlichkeit auf das nächste Frühjahr vorgezogen werden dürften.

60 Prozent zu Räumung bereit

Nach Angaben der israelischen Regierung haben inzwischen knapp 60 Prozent der Gaza-Siedler ihre Bereitschaft zur Räumung ihrer Siedlungen signalisiert. Rund 1000 der betroffenen 1700 Siedlerfamilien hätten die ihnen zustehenden Entschädigungszahlungen und Wiedereingliederungsbeihilfen beantragt, teilte Sharons Büro am Montag mit. Nach einer Kabinettsentscheidung vom Sonntag sollen zuerst die Siedlungen Kfar Darom, Nezarim und Morag geräumt werden, wo mit dem stärksten Widerstand der Siedler gerechnet wird. Unterdessen nahm die israelische Polizei neun Personen fest, die Aktivisten der Siedlerbewegung in den Gaza-Streifen geschleust haben sollen.

Umfragen unter Israels Bevölkerung

In der israelischen Bevölkerung wird die Räumung von einer knappen Mehrheit befürwortet. Nach Netanyahus Rücktritt ging der Anteil der Befürworter laut einer Umfrage der Tageszeitung "Yedioth Ahronoth" auf 55 Prozent zurück. Zuvor hatten sich noch 58 Prozent für die Räumung ausgesprochen. Der Anteil der Abzugsgegner stieg von 35 auf 39 Prozent. Für 47 Prozent habe Netanyahu aus politischem Interesse gehandelt und wolle Sharon den Likud-Vorsitz streitig machen. Nur 29 Prozent der Befragten waren der Meinung, der frühere Regierungschef (1996-99) sei aus Überzeugung zurückgetreten, weil er den Gaza-Abzug ablehnt.

"Kurs halten"

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte am Sonntagabend dem TV-Nachrichtensender CNN, er hoffe, dass die israelische Regierung nach Netanyahus Rücktritt "Kurs halten" werde. Die palästinensische Führung sei entschlossen, "alles Nötige zu tun, um die Chance nicht zu verpassen", die durch den israelischen Abzug entstehe. Dieser soll am 17. August beginnen. Nach Sharons Plan sollen alle 21 Siedlungen im Gaza-Streifen und vier isolierte Siedlungen im Norden des Westjordanlandes geräumt werden. Das israelische Militär soll sich vollständig aus dem Gaza-Streifen zurückziehen.

Verteidigungsminister Shaul Mofaz hat am Sonntag die Inhaftierung von drei mutmaßlichen jüdischen Extremisten angeordnet. Unter ihnen ist auch ein US-Bürger. Die Anordnung kam drei Tage nach dem Angriff eines jüdischen Extremisten, der am Donnerstag in einem Bus in Nordisrael vier israelische Araber erschoss. (APA/dpa)