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OeNB-Gouverneur Klaus Liebscher: "Jeder Arbeitslose ist einer zu viel. Maßnahmen, die den Arbeitsmarkt stimulieren, haben daher meine volle Unterstützung. Dafür ist es auch gerechtfertigt, ein höheres Budgetdefizit in Kauf zu nehmen."

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Wien - Nationalbank-Gouverneur Klaus Liebscher begrüßt in einem Interview mit der "Presse" (Montagausgabe) sämtliche Maßnahmen zur Verbesserung von Ausbildung und Qualifikation. "Jeder Arbeitslose ist einer zu viel. Maßnahmen, die den Arbeitsmarkt stimulieren, haben daher meine volle Unterstützung. Dafür ist es auch gerechtfertigt, ein höheres Budgetdefizit in Kauf zu nehmen," so Liebscher in der Zeitung.

Nichts hält Liebscher allerdings von Versuchen, die Beschäftigung durch Großprojekte anzukurbeln. "Das ist ja nicht nachhaltig."

Weitere Reformschritte in Europa

Generell müsse man in Europa danach trachten, das geistige Potenzial zu nutzen und weitere Reformschritte durchzuziehen. Liebscher fordert in diesem Zusammenhang eine weitere Entbürokratisierung, eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sowie mehr Forschung und Entwicklung. Auch eine Liberalisierung des EU-Dienstleistungsmarktes sei ein Schritt in die richtige Richtung.

Die Debatte über eine weitere Steuerreform in Österreich hält Liebscher für verfrüht. Man sollte zuerst die heuer wirksam gewordene Steuerreform verdauen. Über eine weitere Etappe, bei der die Besserverdiener entlastet und die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssten, solle man erst dann reden, wenn es eine entsprechende Gegenfinanzierung gebe. Einsparungspotenzial gebe es vor allem in der Verwaltung - unter verstärkter Einbeziehung der Länder und Gemeinden - sowie durch Reformen im Gesundheitsbereich.

Ausgeglichenes Budget nicht aus den Augen verlieren

Beim für 2008 angepeilten ausgeglichenen Budget dränge Liebscher darauf, dieses Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: "Die dafür notwendigen Maßnahmen zu beschließen, muss Vorrang haben vor der nächsten Steuerreform-Etappe - auch wenn ich mir bewusst bin, dass 2006 ein Wahljahr ist," so der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) in der "Presse".

Dass der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt politisch aufgeweicht wurde, sei bedauerlich, müsse aber zur Kenntnis genommen werden: "Es hat keinen Sinn über verschüttete Milch zu klagen." Es zeige sich aber schon jetzt, dass die Sorgen der Währungshüter nicht unberechtigt seien. Immerhin habe die EU-Kommission Portugal eine sehr großzügige Regelung zur Rückführung seines ausufernden Budgetdefizits eingeräumt.

Trotz immer wieder geäußerter Kritik an der Währungsunion ist deren Erfolg nach Ansicht von Liebscher unbestritten. "Ohne die Gemeinschaftswährung wäre das Euro-Gebiet verwundbarer und hätte Krisen an den Kapitalmärkten oder Terrorangriffe weit weniger gut verdaut." (APA)