Wien - Der Verkauf des viertgrößten heimischen Mobilfunkanbieters Telering für 1,3 Mrd. Euro an die Deutsche Telekom-Tochter T-Mobile soll heute zur späten Mittagszeit (MESZ) in die Endverhandlungen gehen. Dies wurde der APA am Montagvormittag von beiden Unternehmensseiten bestätigt.

T-Mobile Austria-Chef Georg Pölzl hatte Ende vergangener Woche erklärt, dass die Verträge bis spätestens heute, Montag, unterzeichnet werden würden. Aktuell wollten weder T-Mobile, noch Telering eine offizielle Stellungnahme abgeben. Der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom hatte am Donnerstag Grünes Licht für die Übernahme gegeben.

Brüssel entscheidet über Prüfung

Nach der Vertragsunterzeichnung muss T-Mobile die Übernahme bei den Wettbewerbshütern der EU-Kommission zur Prüfung anmelden. Brüssel muss die Übernahme dann entweder selber prüfen oder an die heimischen Wettbewerbsbehörden weitergeben. Telekom-Experten in Österreich gehen ebenso wie der Leiter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Walter Barfuß, davon aus, dass die Causa eher in Brüssel bleiben wird. Dass der zweitgrößte Mobilfunkanbieter eines Landes die Nummer vier übernimmt, habe es in Europa in dieser Form bisher noch nie gegeben, heißt es.

Sowohl das Überschreiten der Schwelle von 30 Prozent Marktanteil durch einen Anbieter als auch von 80 Prozent durch vier Unternehmen gibt nach österreichischem Recht Anlass zur Vermutung einer dominanten Stellung.

T-Mobile kommt - unter der theoretischen Annahme, dass keine Kunden abwandern - mit Telering auf einen Marktanteil von rund 37 Prozent am österreichischen Mobilfunkmarkt. T-Mobile und der Marktführer, die Telekom Austria-Tochter Mobilkom (A1), kommen zusammen danach auf 77 Prozent Marktanteil. Rechnet man noch One dazu, teilen sich drei Mobilfunkanbieter 95 Prozent des Marktes.

Kampf um Wechselkunden hat begonnen

Telekom-Experten schätzen, dass etwa ein Fünftel der bisherigen Telering-Kunden auf Grund der veränderten Eigentümerverhältnisse zu einem Anbieter wechseln könnten. Größter Nutznießer davon könnte One sein.

"Wer sich nicht kaufen lassen will, nutzt unser Übernahmeangebot: 333 extra Freiminuten, 0 Euro Aktivierungsentgelt, gratis Rufnummernmitnahme", heißt es in einem seit Tagen in mehreren Tageszeitungen geschalteten, großflächigen Inserat des Mobilfunkanbieters "3" (Hutchison). Im Radio läuft derzeit eine Werbung der One-Diskonttochter "Yesss!" nach dem Motto "Niemand weiß, wie lange es den Formel 10-Tarif von Telering noch geben wird. Eins ist sicher: mit Yesss! handyphonieren sie um 9 Cent in alle Netze, auch morgen noch".

Im heiß umkämpften österreichischen Handymarkt haben die beiden T-Mobile-Mitbewerber One und Hutchison keinen Tag ungenutzt verstreichen lassen, um jene mit den neuen Eigentümern unzufriedenen Telering-Kunden zu einem Betreiberwechsel zu bewegen. Und dieses Potenzial dürfte gar nicht so gering sein. Etwa 20 Prozent der Telering-Kunden, rund 200.000 Personen, könnten angesichts des Eigentümerwechsels zu einem neuen Anbieter wechseln, schätzen Telekomexperten auf APA-Anfrage. Dieser Anteil könnte sogar auf bis zu 30 Prozent steigen.

Der drittgrößte Anbieter One könnte mit seiner Diskonttochter "Yesss!" dabei der größte Nutznießer sein - allerdings nur dann, wenn er eine geschickte Strategie fährt, meinen die Experten. In geringerem Maße profitieren könnte auch der UMTS-Anbieter "3". Der zu erwartende Kundenwechsel werde nicht auf einmal, sondern eher sukzessive passieren.

Telering rechnet mit Abwanderung

Auch bei Telering selbst rechnet man nach dem Verkauf mit der Abwanderung von Kunden. "Die Konkurrenz braucht nur die Türe aufmachen", meinten Mitarbeiter vergangene Woche bei den lautstarken Protesten gegen den Verkauf. Einigen Kunden hätten in Sympathieerklärungen bereits einen Wechsel angedeutet, hieß es in der Belegschaft.

Der österreichische Handymarkt wird auch nach der Konsolidierung durch die Telering-Übernahme durch T-Mobile im übrigen weiter heiß umkämpft bleiben, meinen die Experten. Eine friedliche Koexistenz zwischen T-Mobile und Mobilkom Austria werde es auch künftig nicht geben, da die Mobilkom über zahlungskräftigere Kunden - auch im Geschäftskundenbereich - verfüge, die einen höheren monatlichen Umsatz (ARPU) generieren würden, und T-Mobile künftig erst recht den Kampf um diese Kunden eröffnen werde, hieß es zur APA.

Mit aktuell 3,3 Millionen Kunden kam die Mobilkom Austria 2004 auf einen Umsatz von 1,68 Mio. Euro und dabei einen Gewinn (EBITDA) von 593 Mio. Euro erwirtschaftet. T-Mobile und Telering haben mit zusammengerechnet 3,14 Millionen Kunden im Vorjahr gemeinsam nur 1,36 Mio. Euro umgesetzt, bei einem Gewinn von 359 Mio. Euro.

Größere Bewegungen am Geschäftskundenmarkt erwartet sich die Branche, wenn im zweiten Halbjahr die Handy-Rufnummernmitnahme samt Vorwahl auch für Firmennetzwerke möglich wird. (APA)