Das polizeiliche Kameraauge ist in diesen Halbkugeln versteckt. Die Frage ist nur: Woher stammen sie? Die Meinungen von Polizei und Wiener Linien gehen auseinander

Foto: STANDARD/Fischer
Karlsplatz im Visier von Polizeikameras Nach dem Schwedenplatz und der SCS wird ab sofort auch der Wiener Karlsplatz mit zehn Kameras videoüberwacht. Ob die Geräte von den Wiener Linien oder der Polizei kommen, ist unklar. ÖVP und FPÖ begrüßen die Maßnahme, Kritik kommt von Datenschützern.

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Der Beginn wurde im Frühjahr am Wiener Schwedenplatz und am Parkplatz der Shopping City Süd gemacht, nun wird auch der Wiener Karlsplatz permanent videoüberwacht. Und zwar mit zehn Kameras, die künftig die Vorgänge in der Kärntnertor-Passage mit Abgängen zu den U-Bahn-Linien U1, U2 und U4 nicht nur in Echtzeit filmen, sondern auch aufzeichnen.

Unklar ist, wer die Kameras zur Verfügung gestellt hat. Michaela Huber, Sprecherin des Innenministeriums, sagte dem STANDARD, dass die Wiener Linien die Infrastruktur inklusive der Kameras unentgeltlich bereitgestellt hätten, die Datenauswertung erfolge freilich nur durch die Polizei. Die Wiener Linien kontern: "Die Kameras gehören der Polizei, unsere Nachrichtentechniker haben lediglich Kabel verlegt", meint deren Sprecher, Johann Ehrengruber.

Rechtlich bedenklich

Die Frage könnte rechtlich bedenklich sein, da die Polizei bislang nicht auf Daten von privaten Kameras zurückgreifen darf, so Waltraud Kotschy, Geschäftsführerin der Datenschutzkommission, die die Sache prüfen wird. Genau jene Zugriffsmöglichkeit fordern die Wiener ÖVP und FPÖ. VP-Sicherheitssprecher Wolfgang Ulm kann sich eine polizeiliche Videoaufzeichnung mit den "rund 1000" Kameras im U-Bahn-Bereich vorstellen.

"Der Karlsplatz ist ein echter Brennpunkt, die Hälfte aller kriminellen Fälle im ersten Bezirk passieren hier", erklärt Innenministerin Liese Prokop den Bedarf von polizeilicher Videoüberwachung am Wiener Karlsplatz. Prokop enthüllte gestern in einem "Festakt" ein Schild, das auf die Überwachung hinweist.

Die halbkugelförmigen Kameras sollen den Drogenumschlagplatz ins Auge fassen und so Übergriffe und das Dealen mit Suchtgift vermindern. "Das ist keine Allheilmittel, aber eine sinnvolle, präventive Ergänzung", sagt Prokop und spricht den Erfolg der Videoüberwachung in der Shopping City Süd und am Schwedenplatz an, wo kriminelle Handlungen stark zurückgegangen seien.

Skeptische Stimmen

Hans Zeger, Obmann der Arge Datenschutz, glaubt nicht, dass die Kriminalität durch solche Maßnahmen gesenkt werden könne, das hätten Statistiken der letzten Jahre gezeigt. "Der Karlsplatz ist ein populistischer Reibebaum für das Innenministerium, auf dem man alles Mögliche medienwirksam ausprobieren kann", ist Zeger überzeugt und weist auf die Schutzzone rund um den Karlsplatz hin, in der bis Anfang Juli das Wegweisen von Verdächtigen möglich war.

Wie lange die Videoüberwachung dauern soll, hänge von den Ergebnissen der ständigen Evaluierung ab, die zeigen soll, wie sich die Kriminalität entwickelt, heißt es aus dem Innenministerium. Die regelmäßigen Polizeistreifen in diesem Bereich würden bleiben.

Indes wird eine Ausweitung auf weitere Standorte überlegt: neben der Altstadt und einer Unterführung in Linz sind Plätze in Innsbruck, Graz und Bruck an der Mur sowie Grenzkontrollstellen in Vorarlberg im Gespräch.

Passanten eher skeptisch

Passanten am Karlsplatz sind aber eher skeptisch. "Die Betroffenen wissen ja, wo die Kameras sind, das Ganze verschiebt sich also höchstens", meint ein 26-Jähriger. "Nur wenn die Zusammenarbeit von Polizei und U-Bahn richtig funktioniert, kann sich etwas ändern", wirft seine 25-jährige Frau ein. Den Karlsplatz und die Szene würde es schon ewig geben, daher glaubt das Paar nicht, dass sich viel ändern wird. "Vielleicht wird die Kriminalität ein wenig abnehmen, abschreckender wäre aber eine größere Polizeipräsenz, hier gibt es zu wenig Zivilpolizei."

Auch eine ältere Dame meint: "Ich fühle mich hier nicht bedroht. Streetworker wegen der jungen Drogensüchtigen wären sinnvoller." Die Aufzeichnung per Video störe sie aber nicht, da dies der Sicherheit diene. (Julia Grillmayr, Karin Krichmayr/DER STANDARD; Printausgabe, 90.8.2005)