Der italienische Bankier und Berlusconi-Intimus Ubaldo Livolsi hat eine Übernahme des "Corriere della Sera" nicht ausgeschlossen. Er suche derzeit nach geeigneten ausländischen Investoren, erklärte Livolsi, der vom römischen Baulöwen Stefano Ricucci unterstützt wird. Dieser hatte in den vergangenen Monaten für 600 Millionen Euro einen 21-Prozent-Anteil an der Rizzoli-Corriere-Gruppe erworben, die Italiens größte Tageszeitung verlegt.
Verwalter des Finanzimperiums
Livolsi gilt als einer der Verwalter des Finanzimperiums von Regierungschef Berlusconi. 1996 ordnete er dessen stark verschuldetes Unternehmen Fininvest neu und brachte die neu gegründete Mediaset an die Börse. Die Ankündigung des Bankiers, der auch im Mediaset-Verwaltungsrat sitzt, führte zu einem Kursanstieg der Rizzoli-Aktien von fünf Prozent. In Börsenkreisen wird offenbar nicht ausgeschlossen, dass es Livolsi gelingen könnte, den Aktionärspakt von Banken und Großunternehmen aufzubrechen, der 59 Prozent der Rizzoli-Gruppe hält und der bisher einen Einzug Ricuccis in den Verwaltungsrat erfolgreich abwehren konnte.
"Alarmierende Situation"
Als möglicher Partner Livolsis wird das spanische Medienunternehmen Vocento genannt, das dem ehemaligen Premier Aznar nahe steht und nach Mediaset zweitgrößter Aktionär des TV-Senders Telecinco ist. Mit einem Einstieg bei Rizzoli käme der Konzern auch an dessen maßgebliches Aktienpaket bei der Tageszeitung "El Mundo". Die Journalistengewerkschaft spricht von einer "alarmierenden Situation." Vom "Corriere della Sera" zur Stellungnahme aufgefordert, dementierte der Premier jedes Interesse an einer Übernahme. (Gerhard Mumelter/DER STANDARD, Printausgabe, 10.8.2005)