Polen macht ernst mit dem Projekt, einen unabhängige Radiosender für das benachbarte Weißrussland aufzubauen. Nachdem Ministerpräsident Marek Belka am vergangenen Montag 950.000 Zloty (234.000 Euro) aus einem Sonderetat für die Anlauffinanzierung bereitstellte, befassen sich nun die betroffenen polnischen Institutionen mit dem Vorhaben. Vor allem die technische Seite des Projekts wirft allerdings noch viele Fragen auf.

Denn ein Kurzwellensender, der von Polen aus ganz Weißrussland abdecken könnte, würde nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung zu empfangen sein. "Die meisten Weißrussen kaufen heute billige Radios aus Asien, die nur UKW empfangen können", sagt Jacek Strzalkowski, Pressesprecher des polnischen Rundfunkrates URTiP. Auf das Massenpublikum könne man deshalb mit einem Kurzwellensender nicht zielen, so Strzalkowski.

Außenministerium plant UKW-Sender

Das polnische Außenministerium erwägt deshalb nach Informationen der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" eine Alternative: Sie möchte den UKW-Sender im ostpolnischen Bialystok reaktivieren, der dem Verband der Polen in Weißrussland gehört und vor drei Jahren wegen Finanzierungsproblemen die Sendung einstellte.

Die Konzession für das Radio gilt jedoch noch, außerdem sind die technischen Geräte und die nötigen Journalisten vorhanden. "Mit diesem Sender könnten wir 75 Prozent des weißrussischen Staatsgebietes abdecken", sagt Ewa Figel, im Außenministerium für die europäische Zusammenarbeit zuständig. UKW-Sender in Litauen, Lettland und der Ukraine sollen das aus Bialystok gesendete Signal verstärken, so der Plan.

Diplomatischer Konflikt zwischen Warschau und Minsk

Die weißrussische Regierung lehnt einen polnischer Sender für ihr Land ab. "Weitere Konzessionen ziehen wir gar nicht in Erwägung", sagte Wladimir Tesluk, Vize-Minister im weißrussischen Telekommunikations-Ministerium vor kurzem der Presseagentur Belta. Falls eine polnische Station ohne Genehmigung aus Minsk sende, dann werde Weißrussland dagegen vor der Internationalen Telekommunikations-Union (ITU) klagen. Auch die Installation von Störsendern schloss Tesluk nicht aus.

Den Aufbau eines unabhängigen Radiosenders für Weißrussland fordert die Opposition im polnischen Parlament seit langem. Die Regierung betreibt dieses Projekt jedoch erst jetzt ernsthaft, nachdem ein offener diplomatischer Konflikt zwischen Warschau und Minsk ausgebrochen ist. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht der Verband der Polen in Weißrussland, dessen neu gewählter Vorstand von der weißrussischen Regierung aus politischen Gründen nicht anerkannt wird. Ende Juli zog Polen deshalb seinen Botschafter aus Minsk ab. (APA)