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3000 Meter Hindernissieger Shaheen muss wahrscheinlich sein Land verlassen.

Foto:Reuters/Sprich
Helsinki - Von Kenia nach Katar, von Stephen Cherono zu Saif Saeed Shaheen. Der 22-jährige Hindernis-Doppelweltmeister ist ein guter Leichtathlet, in seinem Geburtsland verzeiht man ihm aber nicht, dass er seine Dienste nun für den Ölstaat leistet. Und viel Geld dafür kassiert. Er ist eine "Persona non grata" in Kenia. Vor Monaten schon wurde er von Ministern aufgefordert, das Land zu verlassen.

Übertritt avancierte zum Politikum

"Wenn die das wirklich wollen und mich zwingen, dann werde ich das auch tun, kein Problem", so Shaheen, der am 9. August 2003 einen Pass der Golfstaates erhalten hat und seine Causa daraufhin in Kenia zum Politikum wurde. "Ich fürchtete um mein Leben", sagte er im Rahmen der Leichtathletik-WM in Helsinki über die Reaktionen von damals. "Viele Leute wollten etwas von mir. Die meisten natürlich Geld."

Was es heißt, Abtrünniger zu sein, diese Erfahrung hat auch Mubbarak Shami gemacht, der gebürtige Kenianer und Neo-Katari hat im Mai den Vienna City Marathon gewonnen. Für ihn sei der Nationenwechsel eine reine Formalität gewesen, ein Mittel zum Zweck: "Ich will laufen", meinte er.

Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat wegen der vielen Abwanderungen die Richtlinien verschärft, die Wartefrist auf die Starfreigabe wurde auf drei Jahre festgelegt. Zu spät vielleicht, denn an die 40 Kenianer haben sich bisher von Katar oder Bahrain "kaufen" lassen. "Der Weltverband hat den zahlreichen Einbürgerungen nicht entgegenwirkt", sagte auch ÖLV-Sportkoordinator Hannes Gruber.

Landsleute auf die Plätze verwiesen

Shaheen hat am Dienstag auf Grund der Verschiebung wegen des Gewitters wie die Mitbewerber lange Zeit im Call Room verbringen müssen und dabei vierzig Minuten lang geschlafen. Munter ging er dann ans Werk und ließ im Kampf um die Medaillen seine früheren Landsleute Ezekiel Kemboi (Olympiasieger) und Brimin Kipruto (Olympiasilber) hinter sich.

Eingehüllt in eine Katari-Fahne ließ er sich feiern. Zwei Jahre nach dem Nationenwechsel und ein Jahr, nach dem ihm vom kenianischen Olympischen Komitee das Startrecht für die Olympischen Spiele in Athen verwehrt worden war, hält der Zwist mit dem kenianischen Verband an. Er sah den Triumph in Helsinki als Genugtuung. "Ich bin hierher gekommen, und habe mir gedacht, ich bin nicht komplett, ich habe keine Olympiamedaille. Also wollte ich einfach schnell genug laufen, um zu gewinnen."

Rente auf Lebenszeit und keine nationale Ausscheidung

Shaheen sagt, dass das Geld nicht der ausschlaggebende Grund für den Nationenwechsel war: "Ich wollte einfach zu Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen fahren können, ohne vorher durch die nationale Ausscheidung zu müssen." Und auf Lebenszeit erhält er zwischen 1.000 und 5.000 Dollar im Monat. Viel Geld für jemanden, der in einer Wellblechhütte mit Lehmboden aufgewachsen ist. Vor zwei Jahren hat er für WM-Gold in Paris 125.000 Dollar Extraprämie bekommen. Damit lassen sich in Ostafrika schöne Häuser bauen.

Wenn der Hindernis-Weltrekordler nach Kenia heim kommt, dann sagen die Eltern Stephen zu ihm. Und er, der arabisch lernen will, kommt oft heim. Er trainiert in einem Camp im Hochland, das er miterbaut hat. Mit anderen Läufern aus seinem Dorf, die er finanziell unterstützt. Er bezahlt auch das Schulgeld für seine Geschwister. Alles von dem Geld, das er nun in der Leichtathletik verdient. Dass er erst auf dem Konto hat, seit er die Nation wechselte.

Er wird sich weiterhin auf das Laufen konzentrieren. 2006 hat er die Flachstecken (1.500 m, 3.000, 5.000 m) im Visier. "Wonach ich suche, ist die Motivation. Manchmal gewinnst, gewinnst du und gewinnst und gewinnst, und brauchst etwas Neues." (APA)