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Hamas-Sprecher Sami Abu Zuhri: Plädiert für Wahlen "so schnell wie möglich".

Foto: AP/Muhammed Muheisen
Der Sprecher der radikalen Palästinenserorganisation Hamas, Sami Abu Zuhri, sieht Israels unilateralen Gaza-Abzug als eigenen Erfolg. Mit ihm sprach Astrid Frefel in Gaza.

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Standard: Was bedeutet für die Hamas der Rückzug israelischer Siedler aus dem Gaza streifen?

Zuhri: Der Rückzug ist eine große Errungenschaft. Erstmals geben die Besetzer einen Teil des Landes auf, und mit der Zerstörung der Siedlungen wird gleichzeitig die Idee zerstört, auf der die Besetzung basiert. Der Rückzug ist auch ein Sieg für den Widerstand und der Lohn für die vielen Opfer unseres Volkes.

Standard: Werden Sie am 15. August feiern?

Zuhri: Natürlich werden wir feiern, so wie das ganze Volk feiern wird. Denn jetzt ist er sichtlich, welche Strategie zum Ziel führt. Wenn wir in der Lage waren, die Besetzer aus dem Gazastreifen zu ver treiben, können wir das auch im Westjordanland und in Jerusalem schaffen.

Standard: Ist neue Gewalt im Westjordanland zu befürchten?

Zuhri: Der Widerstand im Westjordanland ist immer noch derselbe. Die Waffenruhe gilt nur bis Ende des Jahres. Solange es Besetzung gibt, gibt es Widerstand. An diesem Grundsatz halten wir fest.

Standard: Will die Hamas in der Regierung mitmachen?

Zuhri: Die palästinensische Regierung will nicht mit uns kooperieren, sie wollen, dass wir einfach Ja sagen und sie unterstützen. Entweder machen wir richtig mit, das heißt durch Wahlen legitimiert, oder sie müssen die ganze Ver antwortung übernehmen.

Standard: Wann sollten dann Ihrer Meinung nach die Wahlen stattfinden?

Zuhri: So schnell wie möglich. Die Fatah hat diesen Urnen gang verschoben, ohne mit uns zu reden, weil sie interne Probleme haben. Es gibt keine Entschuldigung dafür, ein halbes Jahr ohne Dialog zu blei ben. Wir müssen die politische Situation so schnell wie möglich bereinigen. Derzeit sind alle politischen Gremien einfarbig, so können keine verantwortungsvollen Entscheide im Sinne des ganzen Volkes gefällt werden.

Standard: Kommt nach einem Rückzug der israelische Armee aus Gaza der Zeitpunkt, an dem die Hamas ihren bewaff neten Flügel auflöst?

Zuhri: Zuerst müssen wir sehen, wie dieser Abzug wirklich aussieht und ob die Armee nicht eine Situation schafft wie im Südlibanon: das heißt, weiterhin Teile des Gazastreifens besetzt hält und damit Widerstand herausfor dert. Unklar ist auch, was mit der Hoheit über die Grenzen zu Land, zu Wasser und in der Luft geschieht. Erst wenn der Abzug tatsächlich komplett ist, werden wir die Zukunft des bewaffneten Widerstand neu überdenken. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.08.2005)