Donald Rumsfeld ist nach längerer Abwesenheit wieder im Pressesaal des Pentagon aufgetaucht und hat versucht, was er immer an dieser Stelle versucht: die amerikanische Kriegsrealität im Irak in seinen bewährten, japanischen Kurzgedichten nicht unähnlichen Form der Reduktion zu erklären. "Du liebes Bisschen, wie soll man das wissen? Man weiß nur, was man weiß. Es ist eine weite Grenze." Wahrscheinlich macht es der zeitliche Abstand zum letzten Rumsfeld-Auftritt im Pentagon und der gleichzeitige Aufstieg von Condoleezza Rice, die als Außenministerin im Lauf der vergangenen Monaten mehr Macht an sich gerissen hat, dass sich vieles plötzlich wunderlich ausnimmt - dass etwa ausgerechnet ein Verteidigungsminister über rein politische Angelegenheiten im Irak wie die Wahlen oder die Chancen für die neue Verfassung elaboriert oder dass Rumsfeld im Grunde keine Antworten mehr hat.

Seit Beginn der Terroranschläge und des massiven bewaffneten Widerstands im Irak vor nun zwei Jahren ist das Pentagon bemüht, Zäsuren im Lauf der Kriegsmonate zu setzen, Erfolg messbar zu machen und offenkundige Mängel beim Schutz der Patrouille fahrenden US-Soldaten kleinzureden. Die Spitze des Verteidigungsministeriums spricht von den "politischen Meilensteinen" im Irak - oft zu Recht - wie den Parlamentswahlen im vergangenen Jänner, die mithilfe der Militärs nacheinander und unbeirrbar in den irakischen Boden gerammt würden, nur mit den Folgen hält sich das Verteidigungsministerium nicht weiter auf. Die Politik hätte nie sein Job sein dürfen.

173.000 irakische Sicherheitskräfte wollen die USA und ihre Verbündeten mittlerweile ausgebildet haben. Wie viele von ihnen tatsächlich im Kampf gegen den Widerstand einsetzbar sind, vermag das Pentagon nicht zu sagen. Langfristig die Ablösung der US-Armee sicherzustellen wäre der Job des Pentagon gewesen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.08.2005)