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Für Austria-Kapitän Ernst Dospel war es eine seltene Erfahrung. Rapid jubelt nach einem Derbysieg. "Es ist nix passiert, das hat mit dem Ausgang der Meisterschaft nichts zu tun. Wir waren nämlich auch sehr gut", sagte Dospel.

Foto: APA/ Roland Schlager
Wien - Mut lässt sich bekanntlich nicht kaufen. Die beiden Präsidenten, Rapids Rudolf Edlinger und Austrias Frank Stronach (war übrigens zum ersten Mal im Hanappi-Stadion und ist abgesehen davon nicht Präsident, Schwamm drüber), schlossen vor dem 274. Wiener Derby eine wilde Wette ab. Der Verlierer muss dem Sieger ein echtes Bier zapfen, im Falle eines Unentschiedens hätte jene Journalistin, deren Hirn diese Mutprobe entwischt ist, eingeschenkt. Stronach sollte zapfen, Edlinger trinken: "Es war aber nur Schaum drinnen."

Weitere Folgen einer wunderbaren Partie, an der zunächst nur sechs Österreicher beteiligt waren (Payer, Ivanschitz, Martinez; Safar, Dospel, Lasnik): Serien sind gerissen, das bedeutet aber nicht, dass die Betroffenen wieder bei null beginnen müssen. Rapid ist es nach 17 vergeblichen Versuchen geglückt, die Austria zu schlagen. Der letzte Erfolg stammte aus dem Mai 2001.

Peter Stöger, der am Samstagabend solo coachen musste (Frenkie Schinkels lag vergrippt im Bett), hat sein erstes Pflichtspiel als Austria-Trainer verloren. Zwölfmal ist dieser Kelch an ihm vorübergegangen. Stöger wurde nicht spontan gefeuert, Stronach, der die Taktik kritisierte ("nur ein Stürmer?") meinte salopp: "Bei der Austria darf man verlieren, sofern man Meister wird." Stöger fühlte sich freilich nicht unter Druck gesetzt. "Ich sah ein tolles Spiel von zwei tollen Teams. Mir war klar, dass Serien enden. Man kann ja neue beginnen." Kollege Josef Hickersberger nickte zustimmend.

Noch keinem Rapidler, gemeint sind die derzeit aktiven, war zuvor ein Sieg gegen die Austria gegönnt, insofern kam es nach dem 3:1 förmlich zu Gefühlsausbrüchen. "Juhu", sagte Tormann Helge Payer, der bedauerte, "dass ich jetzt den Blödsinn vom Fluch nicht mehr lesen darf". Andreas Ivanschitz gab ein "das war wunderschön" von sich.

Arme Statistiker

Hickersberger wird die Fragen nach dem Derby-Fluch vermissen ("tut mir leid für die Statistiker"), wie er ihn gebannt hat, "war keine Hexerei. Ich habe gesagt, wenn im Kasino 17-mal Schwarz kommt, ist es nicht ratsam, beim 18. Mal das gesamte Vermögen auf Rot zu setzen. Außerdem darf die Austria im vollen St. Hanappi nie Favorit sein."

Natürlich bot auch dieses Derby Schlüsselszenen, die Auswahl ist eine beliebige. Radek Bejbl werkte trotz Seitenbandzerrung, er stabilisierte Rapids Abwehr. Hickersberger: "Ich vertraue dem Körpergefühl eines 33-Jährigen mehr als einer Magnetresonanz." Oder die fünfte Minute: Ceh erzielte per Freistoß das 1:0 für die Austria, Ivanschitz, Hofmann und Martinez hatten eine überaus löchrige Mauer gebildet. Ivanschitz: "Vielleicht hat uns der Rückstand Kraft verliehen."

Die 72. Minute, als Jozef Valachovic zum Elfer antrat und via Innenstange das 2:1 verantwortete. Mit diesem Schützen hatte nicht einmal der eigene Trainer gerechnet. Valachovic nahm Hofmann den Ball einfach weg. "Er hat zu mir gesagt, er will schießen. Ich war großzügig."

Hofmann schloss, Großmut zahlt sich aus, einen Konter zum 3:1 ab und Edlinger hat noch ein zweites Bier getrunken, eines mit weniger Schaum. "Ich gebe zu, der vorletzte weiße Fleck auf meiner Rapid-Landkarte ist jetzt weg." Der letzte wäre die Teilnahme an der Champions League. Am Mittwoch kommt Lok Moskau. Die Russen haben im 21. Ligaspiel die erste Niederlage kassiert, 1:3 bei Rubin Kasan. Hickersberger: "Serien reißen, das bedeutet leider gar nichts." (DER STANDARD, Printausgabe, Montag, 8. August 2005, Christian Hackl)