Mit einer erwarteten Menge von 2,8 Mio. Tonnen kann die Getreideernte 2005 mengenmäßig mit den Rekordwerten des Vorjahres nicht mithalten. Stimmen die Schätzungen, werden heuer um 550.000 t weniger Getreide geerntet, womit sich Österreich nicht mehr selbst versorgen kann; dazu fehlen 200.000 t, die heuer importiert werden müssen. Zurückgegangen sind auch die Getreideanbauflächen, nicht zuletzt auf Grund agrarpolitischer Vorgaben, die Stilllegungsflächen auf 10 Prozent zu erhöhen.
West-Ost-Gefälle in Sachen Qualität
"Aber vor allem bei der Qualität wird sich die heurige Getreideernte im langjährigen Ranking ganz hinten einordnen", sagte der Vorsitzende des Fachbeirates für Getreide, Franz Stefan Hautzinger, am Donnerstag bei der traditionellen Getreide-Pressekonferenz der Agrarmarkt Austria (AMA). Es gebe große regionale Unterschiede mit einem deutlichen West-Ost-Gefälle: Die stärksten Qualitätseinbußen sind im Burgenland, südlichen Niederösterreich, Wiener Becken und Marchfeld festzustellen, in Oberösterreich seien die Qualitäten dagegen gut.
Auf Grund der schlechteren Qualität werde es heuer mehr Futtergetreide geben. Fallen in der Regel 10 bis 15 Prozent des Weizens für Futter ab, so ist es in diesem Jahr ein Drittel, so Hautzinger. Beim üblichen "Sorgenkind" Roggen werden heuer gute Qualitäten erwartet, auch bei Wintergerste gebe es annehmbare Erträge. Trotz geringerer Erntemengen bei Gerste müssen sich die Biertrinker keine Sorgen machen: Auch heuer ist die Versorgung der Brauereien mit Braugerste gesichert, so die AMA.
Neue Marktteilnehmer bringen Anbieter unter Druck
Für die Getreidepreise ausschlaggebend ist laut AMA-Getreideexperte Christian Gessl der gesamteuropäische Markt mit den neuen Marktteilnehmern Ungarn, Tschechien und Slowakei, die "um jeden Preis" auf den Markt drängen. Druck komme aber vor allem auch von Ländern der Schwarzmeerregion - unter anderem Rumänien, Bulgarien, der Ukraine und Russland, die zunehmend als "Big Player" auftreten. Zudem mache der Euro/Dollar-Kurs Getreideexporte aus den USA billiger und bringe europäische Anbieter unter Druck.
Wichtige Parameter für die heurige Preisbildung in der EU werde aber auch die Getreideernte in Deutschland und Ungarn sein, sowie der Bedarf der iberischen Halbinsel. Die Intervention als Auffanglager in der EU bleibe weiterhin bestehen, betonte Gessl.