Wien/Brüssel - Die EU-Kommission wirft Österreich Mängel bei der Kontrolle des Datenschutzes vor. Am 5.Juli wurde gegen die Republik ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die entsprechende Datenschutzrichtlinie der Europäischen Union nicht umgesetzt worden sei. Das bestätigte am Donnerstag Jürgen Frieberger von der Vertretung der EU-Kommission in Österreich auf Standard-Anfrage.

Konkret geht es um die im Bundeskanzleramt angesiedelte Datenschutzkommission (DSK), Österreichs höchstes Gremium in Belangen des Datenschutzes. Die EU-Kom mission vertritt die Auffas sung, dass die in Österreich rechtlich bestehende und praktisch angewandte Organisation der Datenschutzkontrollstelle nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, da nicht den Anforderungen der verlangten "völligen Unabhängigkeit" entsprochen wird, heißt es in der Erklärung aus Brüssel.

Ein Beamter aus dem Bundeskanzleramt sitzt in der Geschäftsführung der DSK. Er ist zwar weisungsfrei gestellt, doch das genüge der EU-Kommission nicht als Garantie für die notwendige Unabhängigkeit, erklärt Frieberger. Ähnlich sei übrigens die Situation in Deutschland, auch hier sei ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet worden. Wir sind noch nicht beim Gerichtshof, aber beide Länder müssen nun reagieren, so Frieberger.

Die Konstellation der DSK wurde in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, unter anderem vom Obmann des Vereines Arge Daten, Hans G. Zeger. Dabei ging es nicht nur um etwaige Einflussnah me von ganz oben sondern auch um die finanzielle Abhängigkeit der Datenschützer. Zu wenig Personal In ihrem jüngsten, erst am Mittwoch veröffentlichten Be richt hat die DSK selbst Mängel in der Organisation eingestanden und ein eigenes Budget gefordert. Allein für die Mehrarbeit, die die e-card bringen werde, seien zusätzliche Ressourcen notwendig, betonen die Datenschützer. Schon im Vorjahr sei es bei der Prüfung des Schengen-Informationssystems zu eklatanten personellen und strukturellen Engpässen gekommen. Viele Mitarbeiter hätten für die Erledigung Teile ihre Freizeit geopfert.

Im europäischen Vergleich der Datenschutz-Kontrollbehörden rangiere Österreich - ein Datenschützer für 400.000 Einwohner - am unteren Ende. Die maximale Verfahrensdauer bei der DSK sollte sechs Monate sein, bei den von Arge Daten vertretenen Fällen seien zehn Monate und mehr keine Seltenheit, berichtet Zeger. Immer wieder müssten Säumnisbeschwerden beim Verwaltungsgerichtshof ein gebracht werden. (DER STANDARD, Michael Simoner, Printausgabe, 12.8.2005)