Das Kinderbetreuungsgeld war eine der frühen schwarz-blauen Erfindungen, geboren aus dem Wettbewerb: Die ÖVP hatte in den Neunzigerjahren massiv an die FPÖ verloren - unter anderem, weil diese mit der Forderung nach Kindergeld für alle Neugeborenen in einen Kernbereich der ÖVP-Themen eingebrochen war. So wurde gemeinsam eine Konstruktion gefunden, die allen gerecht werden sollte ("Geld für jedes Kind"), aber dem "kleinen Mann" zuliebe die Familien von besser verdienenden Unselbstständigen benachteiligt: Während Unternehmerinnen ihr versteuertes Einkommen entsprechend gestalten können, schnappt die Falle für höhere Angestellte und Managerinnen zu. Wer über der Zuverdienstgrenze verdient, fällt um das Kindergeld um. Gerade jene jungen Frauen, die gut ausgebildet sind und interessante Karriereperspektiven hätten, werden entweder an den Herd gedrängt (widersinnige Botschaft: "Arbeit, gerade gut bezahlte, lohnt nicht") oder vom Kinderkriegen abgeschreckt (noch weniger sinnvolle Botschaft: "Beruf und Kinder sind nicht vereinbar"). Beides ist ziemlich genau das Gegenteil von dem, was in Sonntagsreden gepredigt wird. Dabei muss man bedenken, dass eine Frau, die mehr als die Zuverdienstgrenze verdient, ohnehin nicht voll für das Kind da sein kann - sie kann und muss in der Praxis wohl Kinderbetreuungsleistungen vom Kinderbetreuungsgeld zukaufen (ähnlich wie Pflegegeldbezieher Pflegeleistungen zukaufen). Ob das nun bei Kinderkrippen, Tagesmüttern oder einfach bei anderen Familienmitgliedern passiert, ist egal: Es kommt auf diese Art Geld in Umlauf, das konkret Arbeit schafft - und im Idealfall entsteht ein Markt für Kinderbetreuung, der endlich die immer wieder beklagten Betreuungslücken schließen würde. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.08.2005)