Jede Wette: Das Ende der Zuverdienstgrenze wäre auch das Ende des Ausnahmefalls Kindergeldvater. Schlagartig würde deren Zahl von derzeit kümmerlichen drei Prozent ansteigen und die 100-Prozentmarke erreichen, wenn es völlig egal ist, ob und wie viel zum Kindergeld dazuverdient werden darf. Denn kein Vater (und keine Mutter) wird sich das Kindergeld entgehen lassen, wenn er oder sie ohnehin daneben Vollzeit arbeiten darf. Damit würde das Kindergeld, das als Ausgleich für den Verdienstentgang während der Babypause gedacht ist, in ein Taschengeld unabhängig von Einkommen und Arbeitsdauer umgewandelt - und hätte mit sozialer Treffsicherheit gar nichts mehr zu tun. Es ist unbestritten, dass der Sozialstaat von Kinderlosen zu Familien umverteilen muss. Bloß: Das Kindergeld hat einen ganz anderen Effekt - es schaufelt Geld von Angestellten und deren Arbeitgebern zu Bauern, Selbstständigen und Beamten. Polemisch ausgedrückt zahlt die Regalschlichterin der Unternehmersgattin das Kindergeld. Mit einer Streichung der Zuverdienstgrenze würde diese Umverteilung von unten nach oben noch verschärft. Außer natürlich, für das Kindergeld für alle würden auch alle bezahlen - aber für diese Änderung sind die Regierungspolitiker derzeit nicht zu haben. Abgesehen davon hat Österreich schon jetzt eine der teuersten Familienförderungen der Welt. Das Kindergeld kostet derzeit 1,2 Milliarden Euro pro Jahr, ohne Zuverdienstgrenze wären es um mindestens 250 Millionen mehr. Es macht wenig Sinn, die ersten drei Kinderjahre üppig zu unterstützen - und dann bei anderen Sozialleistungen und im Bildungsbereich wieder den Sparstift anzusetzen. Oder will jemand teuer subventionierte Babys, die dann zu Pisa-Versagern werden? (DER STANDARD, Printausgabe, 12.08.2005)