Natürlich kann man dem Bundesdenkmalamt Kleingeisterei vorwerfen. Weil es seinem Auftrag gemäß penibel darauf achtet, die Kulturschätze zu bewahren. Machern wie Klaus Albrecht Schröder, dem Direktor der Albertina, ist Wilhelm Georg Rizzi daher ein Dorn im Auge. Denn der Präsident des Bundesdenkmalamts hätte nie zugestimmt, Schiele-Blätter in der Schweiz mit Chloramin T zu behandeln, da die Gefahren eines vorzeitigen Zerfalls zu groß sind. Er hätte auch den Abtransport von Dürers Feldhasen nach Madrid nicht gestattet.
Das war Schröder wohl bewusst: Sein Museum unterließ es, beim Denkmalamt ordnungsgemäß beziehungsweise rechtzeitig um Ausfuhrbewilligungen anzusuchen. Doch beide Affären wurden publik - und Schröder erblickt darin eine Revanche des Denkmalamts, das ihm Zerstörungen beim Umbau der Albertina vorhält: Er beklagt vehement die Beschränkung seiner Macht, wenn er nicht selbst über die Kunstwerke entscheiden darf. Aber Revanchismus ist unter dem Niveau von Rizzi. Und der Staat hat der Albertina die Kunstwerke nur geliehen.
Im Sinne des Staates zu agieren ist geradezu die Pflicht von Rizzi: Er sprach sich gegen eine Ausfuhr des Schiele-Bestandes für eine Schau ab Mitte Oktober in London aus. Denn die lichtempfindlichen Blätter bräuchten nach der Amsterdamer Präsentation im Frühjahr längere Zeit Ruhe. Schröder musste das Vorhaben wutentbrannt absagen. Aber seine Rache folgt sogleich: Er zeigt den Schiele-Bestand, obwohl er ein anderes Programm angekündigt hatte, ab 21. Oktober in Wien.
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer lässt das Bleichen der Schiele-Blätter nun extern untersuchen. Ein erster richtiger Schritt. Sie sollte ihrem Direktor aber auch schnellstens auftragen, der Empfehlung des Denkmalamts Folge zu leisten.