Bild nicht mehr verfügbar.

Nicht selten sind die Russen den Rapidlern entwischt, Lebedenko hängte zum Beispiel Bejbl ab. Im Ergebnis drückte sich das eher kaum aus.

Foto:Reuters/Zolles

Wien - Wäre Josef Hickerberger Trainer von Lok Moskau, was er natürlich weder ist noch in absehbarer Zeit sein möchte, hätte er sich geärgert. Insofern konnte er die Gedanken des Kollegen Wladimir Eschtrekow, der am Mittwochabend mürrisch dreinschaute, durchaus nachvollziehen. ",Ich hätte die mangelnde Konsequenz bekrittelt. Ich hätte der möglichen, optimalen Ausgangsposition nachgetrauert. Ich wäre schlecht aufgelegt. Weil mir klar geworden wäre, dass ich blöderweise nicht beruhigt ins Rückspiel gehen kann." Der echte Eschtrekow jammerte: "Davor hätte ich ein 1:1 gerne genommen, so aber nicht."

Hickersberger hat sich natürlich das eigene Hirn zu zerbrechen, das ist nicht ausschließlich, aber schon für einen großen Patzen Rapid reserviert. Ihm ist nicht entgangen, "dass wir relativ hoch verlieren hätten können", "dass wir im Stau gestanden sind und nicht kapiert haben, dass man da nicht schnell fahren kann", "dass die Talente haben, von denen wir nur träumen können". Er führte als Beispiel die Nummer 63, den erst 20-jährigen Biljaletdinow an. Kassiert man in der 10. Minute das 0:1, "ist das vor allem gegen so eine Klassemannschaft ein Schock. Weil alles, was man sich vorgenommen hat, hinfällig wird." Abgesehen davon "war Lok Moskau auf den Videokassetten nie so stark wie gegen uns".

Eher schlechter

Am 23. August, ab 17 Uhr, wird in Moskau fortgesetzt. Da jedes Fußballspiel, egal ob in der Quali zur Champions League oder beim Dorfturnier in Gigritzpatschen, bei 0:0 beginnt, ist Lok aufgrund des Auswärtstores zunächst einmal weiter. "Da die Null nicht hinten steht, ist unsere Aufstiegschance eher schlechter geworden." Hickersberger beziffert sie mit 40:60 oder 30:70. "Von mir aus auch 20:80, jeder, wie er will. Der russische Meister ist immer über den österreichischen zu stellen."

Aber es gibt durchaus Faktoren oder Faktörchen, die für Rapid sprechen. Da wäre einmal jene Eigenschaft, die dem Fußball so reizend steht: "Es ist vermutlich der einzige Sport, in dem der Schwächere gewinnen kann. Gar nicht so selten noch dazu." Hickersberger, konkret werdend: "Meine Mannschaft ist jederzeit in der Lage, auswärts zumindest ein Tor zu schießen. Die Steigerung nach der Pause war gewaltig. Und nach dem 1:1 drohte Lok auseinander zu fallen, die davor so souveränen Russen hätten fast verloren. Das spricht für gewisse mentale Schwächen."

Von der Motivation her sei die Aufgabe an Einfachheit kaum zu überbieten. Bei Rapid werden sie sich in den nächsten Tagen sehr oft an den vorjährigen UEFA-Cup erinnern, an die Partien gegen Rubin Kazan. 0:2 daheim, 3:0 auswärts. Man muss ja nicht extra erwähnen, dass Lok Moskau die weitaus stärkere russische Truppe ist. Hickersberger wird den Druck auf den Gegner abwälzen und immer wieder betonen: "Schaffen die nicht die Gruppenphase, ist das ungefähr so eine Blamage, als wären wir an Düdelingen gescheitert." Ob das nicht eine Übertreibung ist? "Okay, fast so eine Blamage."

Matthias Dollinger hat bereits kapiert. "Es wird dort ein Hexenkessel, aber wir haben nix zu verlieren. Wir müssen nicht vor Ehrfurcht erstarren, können munter drauf los spielen. Sie müssen sich warm anziehen. Weil auf ihnen der gesamte Druck lastet." Für Andreas Ivanschitz stehen die Aufstiegschancen nach wie vor "50 zu 50. Denn wir sind auch wer." Hickersberger, vorsichtig optimistisch: "Es klappt ja schon fast." (Christian Hackl, DER STANDARD Printausgabe 12.08.2005)