Doch der Präsident kommt nicht, um sich die Geschichte vom Soldaten Sheehan anzuhören. Stattdessen hat er zwei seiner Berater hinaus zu der Mutter an die staubige Landstraße geschickt. Sie sagen ihr, dass der Tod ihres Sohnes den Präsidenten "wirklich berührt". Doch die Mutter glaubt das nicht.
Sie will ihre Mahnwache in der brütenden texanischen Hitze fortsetzen, bis sie persönlich mit Bush sprechen kann. Cindy Sheehan ist in den vergangenen Tagen schnell zu einer Berühmtheit geworden. Sie ist landesweit im Fernsehen zu sehen und ist Gegenstand einer öffentlichen Kontroverse. Der Filmemacher Michael Moore unterstützt Sheehan auf seiner Website, die New York Times hat ihr einen solidarischen Leitartikel gewidmet. Andererseits hält ihr der rechtskonservative TV-Talkstar Bill O'Reilly vor, sich von Feinden der Regierung und des Landes "missbrauchen" zu lassen.
Unbehagen über Krieg
Dass Sheehan so schnell den Star-Status erlangt hat, liegt nicht zuletzt an ihrer ungeschminkten Ausdrucksweise. Sie scheut nicht davor zurück, Bush direkt für den Tod ihres Sohnes verantwortlich zu machen: "Ich will den Präsidenten fragen, warum hast du meinen Sohn getötet?"
Sheehan ist aber auch deshalb berühmt, weil sich in ihrer Figur das zunehmende Unbehagen in den USA über den Krieg kristallisiert. Mehr als 1800 US-Soldaten hat der Einsatz bislang das Leben gekostet. Umfragen zeigen, dass eine deutliche Mehrheit der US-Bürger inzwischen den Irak-Kurs des Präsidenten ablehnt. Zwar würden viele von ihnen die drastische Rhetorik von Sheehan nicht unterschreiben.
Und viele teilen auch nicht ihre Meinung, dass die US-Truppen unverzüglich abgezogen werden sollten. Aber Sheehan stehe für das "wachsende Empfinden in der Bevölkerung, dass die Bush-Regierung den Bezug zu den Realitäten - und Kosten - des Irakkriegs verloren hat", urteilt die New York Times.
Die Mutter draußen vor der Ranch hat den Präsidenten schon einmal getroffen. Das war im Juni vergangenen Jahres, zwei Monate nach dem Tod ihres Sohnes. Bush traf damals in Fort Lewis bei Seattle mit den Familien von 15 gefallenen Soldaten zusammen. Als sie über ihren Sohn habe sprechen wollen, habe er "das Thema gewechselt", sagt sie. Bush habe sich bei dem Treffen "sehr jovial" gegeben, als wäre er auf einer Party.
Selbst unter den Konservativen gibt es inzwischen Stimmen, die fordern, Bush solle sich mit der Mutter treffen. Doch der Präsident hat öffentliche Auftritte mit Hinterbliebenen der Soldaten bislang so weit wie möglich vermieden. Offenbar fürchtet er, dass zu viel Aufmerksamkeit auf den steigenden Blutzoll gelenkt werden könnte.