Wer Medizinern zutraue, nicht die bestgeeigneten Medikamente zu verschreiben, sondern jene, "für die sich der Arzt den größten Gewinn verspricht", begehe "eine perfide Unterstellung", ärgert sich Ärztekammerpräsident Reiner Brettenthaler. "Nicht nachvollziehen" kann er dementsprechend die Bedenken des niederösterreichischen Patientenanwalts Gerald Bachinger gegen Naturalrabatte von Pharmavertretern an Ärzte.

Bachinger hatte sich im STANDARD Sorgen um das Vertrauen zwischen Ärzten und Patienten gemacht. Seit Beginn der Diskussionen über die Gratispillenzugabe bei ärztlichen Medikamentenkäufen - und die Verrechnung dieser Gratismedikamente bei den Kassen - sei er mit skeptischen Patienten konfrontiert.

Naturalrabatte "Teil der Marktmechanismen"

Naturalrabatte seien legal, und dürften "keinem gesetzlichen Verbot zugeführt werden", betont Brettenthaler nun. Vielmehr seien sie "Teil der Marktmechanismen": "Wir leben ja nicht in einer Art planwirtschaftlichem Ostblock."

Als Ausweg aus dem Naturalrabattproblem hatte Bachinger einen Vertrag zwischen Hauptverband und Ärztekammer vorgeschlagen, der Gratispillenzugaben ausschließen soll. Zur Aufnahme diesbezüglicher Gespräche sei die Ärztekammer bereit, kündigt Brettenthaler nun an. Für die Ärzte gehe es letzten Endes darum, die "hohen ethischen Ansprüche der Menschen an unseren Beruf" zu erfüllen.

Ein "enormes Verunsicherungspotenzial für Patienten" erkennt Bachinger indes auch in der vom STANDARD aufgezeigten Geldknappheit für die Spitzenmedizin; hier herrsche "dringender Handlungsbedarf". Als "diskutierbaren Lösungsansatz" schlägt er eine "Sonderfinanzierung über einen Fördertopf" vor, wie er für die Zusatzbezahlung von Maßnahmen in der Transplantationsmedizin bereits länger besteht.

Aus dem Topf, der derzeit bis 2008 mit jährlich 2,9 Millionen Euro dotiert ist, werden etwa regionale Transplantationsreferenten bezahlt; das Geld stammt aus der Krankenanstaltenfinanzierung. Die Übernahme des Modells in andere Bereiche sei "bedenkenswert", meint auch die Chefin des Bundesinstituts für Gesundheitswesen (ÖBIG), Martina Moritz. (Irene Brickner/DER STANDARD; Printausgabe, 12.8.2005)