Wien - In mehreren Punkten verfassungs- und EU-rechtlich problematisch ist die von Niederösterreich geplante Handymasten-Steuer. Nicht nur die Frage der Kompetenzüberschreitung durch das Land, sondern auch der nachträglichen Besteuerung von Unternehmen mit Versorgungsauftrag und schließlich die gebotene Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebiets sind Punkte, die in den - von den Betreibern angekündigten - Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof angeführt werden könnten. Außerdem könnte die Abgabe gegen EU-Recht verstoßen.

In der Frage der Kompetenzüberschreitung kommt es auf die Formulierung an. Prinzipiell haben die Länder nach herrschender Auffassung das Recht, Abgaben zu erfinden, um sich Einnahmen zu schaffen. Sie dürfen dabei aber nicht Bundeskompetenzen unterlaufen. Wenn das Hauptziel der Besteuerung - wie von Politikern immer wieder betont - ist, den Betrieb von Mobilfunknetzen zu regulieren und Handymasten einzudämmen, "wäre das Gesetz kompetenzwidrig", ist der Verfassungsrechtler Heinz Mayer überzeugt.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat schon einmal eine von einem Land eingeführte neue Abgabe aus diesem Grund aufgehoben: 1985 befanden die Verfassungsrichter, dass die Wiener Wohnungsabgabe kompetenzwidrig beschlossen und somit als verfassungswidrig aufzuheben ist. Erklärtes Ziel dieser Abgabe war nämlich, die Eigentümer leer stehender Wohnungen zur Vermietung zu veranlassen. Das war aber, so der VfGH, ein "Übergriff auf das Gebiet der Wohnraumbewirtschaftung", für die die Länder nicht zuständig sind.

Einen Verstoß gegen die Verfassung könnte aber auch darstellen, dass Unternehmen, die einen Versorgungsauftrag und für die Konzession bezahlt haben, im Nachhinein eine so hohe Abgabe aufgebürdet bekommen: "Die Frage, ob eine solche Abgabe in dieser Höhe und Intensität ungerechtfertigt ist, lässt weite Spielräume. Es spricht einiges dafür, dass das unsachlich ist", so Mayer. Widersprüchlich ist für ihn ein Detail der geplanten Regelung: Wenn Niederösterreich, wie behauptet werde, die Natur schützen wolle, könne es doch bei der Besteuerung nicht auf die Senderleistung ankommen.

Auf ein weiteres Spannungsverhältnis zur Verfassung verweist der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk: Die Verfassung gebietet in Artikel 4, dass das Bundesgebiet ein "einheitliches Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiet" ist, "innerhalb des Bundes dürfen Zwischenzolllinien oder sonstige Verkehrsbeschränkungen nicht errichtet werden". Diese Einheit des Wirtschaftsgebietes wäre durch die niederösterreichische Handymasten-Steuer doch "arg beeinträchtigt", meint Funk.

Nicht nur national, auch durch den Europäischen Gerichtshof - an den sich die Betreiber ebenfalls wenden wollen - könnte die Handymasten-Steuer gekippt werden: Derzeit läuft beim EuGH ein Verfahren zu einer ähnlichen Abgabe in Belgien. Der Generalanwalt hat in seinem Schlussantrag festgestellt, dass eine Abgabe auf die Mobilfunkinfrastruktur eine Behinderung darstellt - unter Hinweis auf die EU-Richtlinien für den liberalisierten Telekommarkt, die vorschreiben, dass der Betrieb von Mobilfunknetzen nicht übermäßig behindert werden darf. Sollte der Gerichtshof dem Generalanwalt folgen, "würde das bedeuten, dass die niederösterreichische Abgabe nicht eingehoben werden darf, weil sie gemeinschaftsrechtswidrig ist", so Mayer. Mit dem Urteil ist im Herbst zu rechnen. (APA)